Wie kann ich Ängste bewältigen?
Corona, Klimawandel, Krieg: Die aktuellen Krisen machen vielen Menschen Angst. Manchen bereiten ihre großen Sorgen sogar schlaflose Nächte. Geeignete Maßnahmen helfen Betroffenen, ihre Ängste bewältigen zu können.
Angst ist eine Emotion, die uns vorsichtig macht und als Teil des biologischen Schutzsystems unser Überleben bei Gefahr sichern soll. Aber auch anhaltende Krisen wie die Corona-Pandemie oder der Krieg in der Ukraine können Ängste auslösen. „Bei Angst schüttet der Körper Stresshormone wie Adrenalin aus, die das Herz schneller schlagen lassen, um die Muskeln mit sauerstoffreichem Blut zu versorgen und so hilfreiche Körperreaktionen wie Angriff oder Flucht zu unterstützen“, erklärt die Ärztin Solveig Haw. Angst ist in Gefahrensituationen also durchaus normal. „Sind die Ängste allerdings so anhaltend, dass Betroffene nicht mehr zur Ruhe finden oder immer wieder Panik verspüren, geht das über gewöhnliche Angstreaktionen hinaus“, so die Gesundheitsexpertin der DKV. „Auch körperliche Symptome wie Herzrasen, Übelkeit, Zitteranfälle oder Nervosität können Anzeichen für überwältigende Ängste sein.“ Im schlimmsten Fall kann sich aus diesen Zuständen eine Angststörung entwickeln.
Gefahren richtig einschätzen
Manche Menschen neigen dazu, sich bei schlechten Nachrichten Horrorszenarien auszumalen. Sie können in eine negative Gedankenspirale geraten, aus der sie nur schwer wieder herauskommen. „Damit es gar nicht erst so weit kommt, sollten Betroffene einen Realitätscheck machen“, rät Solveig Haw: Wie wahrscheinlich und realistisch sind die vorgestellten Horrorszenarien wirklich? Hierfür können sich Betroffene beispielsweise mit Freunden, Familie und Bekannten über die eigenen Ängste austauschen. Außerdem ist es sinnvoll, sich bei seriösen Medien zu informieren. Das hilft dabei, Gefahren richtig einzuschätzen und besser mit Ängsten umzugehen.
Vorsicht bei den sozialen Medien
Geballte Negativnachrichten wirken wie Brandbeschleuniger und verstärken Stress, Hilflosigkeit und Ängste. Wer ständig nach den neuesten Nachrichten schaut oder durch Social-Media-Kanäle scrollt, kann aufgrund der permanenten Konfrontation mit Krisenthemen schnell in schlechte Stimmung geraten. Die Algorithmen der sozialen Medien können diesen Effekt zusätzlich verstärken. Mögliche Folgen sind Stress, Unsicherheit, Panikattacken oder depressive Verstimmungen. Um besser ihre Ängste bewältigen zu können, hilft es manchen Menschen, den Nachrichten- und Medienkonsum zu reduzieren. Solveig Haw empfiehlt Betroffenen, bewusst medienfreie Zeiten einzurichten und das Handy derweil beiseite zu legen. Alternativ können sie sich beim täglichen Checken der Nachrichten beispielsweise auf 15 Minuten beschränken oder zwischendurch gezielt nach Informationen suchen, die positiv stimmen.
Durch Ausgleich Ängste bewältigen
Damit Stress, Ängste und Sorgen nicht permanent auftreten, ist es besonders wichtig, für positive Erlebnisse im Alltag zu sorgen und so einen Ausgleich zu schlechten Nachrichten zu schaffen. „Das kann bei jedem Menschen unterschiedlich aussehen“, erläutert Haw. „Sport und Bewegung beispielsweise tragen dazu bei, Stress und Sorgen zu minimieren oder gar nicht erst entstehen zu lassen.“ Auch durch Zeit mit Freunden und der Familie oder Spaziergänge in der Natur lassen sich Ängste bewältigen. Die Ärztin rät außerdem dazu, auf einen gesunden Lebensstil zu achten. Dazu gehören neben einer ausgewogenen Ernährung auch ausreichend Schlaf, wenig Alkohol und der Verzicht aufs Rauchen.
Hilfe bei akuten Angstanfällen
Drohen die Ängste aus dem Ruder zu laufen, kann es helfen, eine einfache Achtsamkeitsübung zu machen. Um die aufsteigende Panik zu stoppen, sollten Betroffene mehrmals tief ein- und ausatmen und zum Beispiel die 5-4-3-2-1-Methode durchführen. „Bei dieser Übung lenken Betroffene die Aufmerksamkeit abwechselnd auf ihre verschiedenen Sinne und damit auf das Hier und Jetzt“, erklärt Haw. Dazu zählen sie in Gedanken oder laut fünf Dinge auf, die sie sehen. Danach folgen ebenso viele, die sie hören und spüren können. Wichtig ist es, sich hierbei ausreichend Zeit zu lassen. Anschließend folgt die Wiederholung des Vorgangs jeweils mit vier, drei und zwei Dingen sowie zuletzt mit einer Sache. Die Übung können Betroffene so lange wiederholen, bis sie sich wieder entspannter fühlen. Aber auch andere Übungen tragen dazu bei, wieder ruhiger zu werden. Das können zum Beispiel Entspannungsmethoden wie die progressive Muskelentspannung nach Jacobson sein.
Mit ärztlicher Unterstützung auch starke Ängste bewältigen
Spätestens wenn Panikattacken oder depressive Verstimmungen den Alltag so stark beeinträchtigen, dass die Lebensqualität dauerhaft leidet, sollten Betroffene professionelle Hilfe suchen. „Das gilt auch für alle, die permanent grübeln und keinen Ausweg finden aus ihrer negativen Gedankenspirale“, ergänzt Solveig Haw. „Kommen dazu noch körperliche Symptome wie Schlafstörungen, Atemnot oder Gereiztheit, ist ein Arztbesuch erst recht empfehlenswert.“ Die erste Anlaufstelle für Betroffene kann die Hausarztpraxis sein. Diese vermittelt dann je nach Diagnose und Einzelfall zum Beispiel an eine Psychologin oder einen Psychologen.