Hitzefolgen: Viele hatten 2023 schon Gesundheitsprobleme
Abgeschlagenheit, Kreislaufprobleme, Schlafstörungen: Ein Fünftel der Deutschen gab Mitte Juni 2023 an, in diesem Jahr bereits unter Gesundheitsproblemen durch Hitze gelitten zu haben – und das, obwohl der Sommer zum Zeitpunkt der Umfrage gerade erst begonnen hatte. Bei den über 60-Jährigen war sogar ein Viertel von Hitzefolgen betroffen. Das zeigt der aktuelle Hitzereport der DAK.
Laut einer Forsa-Umfrage* im Auftrag der Krankenkasse DAK machen Hitzewellen und Extremwetter zwei Drittel der Menschen große Sorgen. Klare Erwartungen richten die Befragten an Politik und Verwaltung: 72 Prozent sind der Meinung, es müsse mehr zum Schutz der Bevölkerung vor extremer Hitze und Hitzefolgen getan werden. „Es ist alarmierend, wie viele Menschen schon in den ersten Hitze-Wochen Gesundheitsprobleme hatten“, sagt DAK-Vorstandschef Andreas Storm. Er fordert Sofortmaßnahmen noch für diesen Sommer: „Unser Hitzereport zeigt, dass die Mehrheit der Befragten große Sorgen haben und die bisherigen Schutzmaßnahmen nicht ausreichend finden.“
Storm begrüßte die Ankündigung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, einen kurzfristigen nationalen Hitzeschutzplan zu erstellen – in einer konzertierten Aktion aus Politik, Ärzteschaft, Kommunen, Krankenkassen und Wetterexperten. Nach einer Schätzung sterben jährlich zwischen 5.000 und 20.000 Menschen in Deutschland an Hitzefolgen. „Es ist richtig, dass der Minister schnell handelt und hier ein breites Bündnis bildet“, so Storm. „Vor allem Kinder, Kranke und ältere Menschen müssen besser vor Hitze geschützt werden.“
Hitzefolgen plagen ein Viertel der über 60-Jährigen
Laut Hitzereport der DAK-Gesundheit hatten 20 Prozent der Deutschen bereits Mitte Juni Gesundheitsprobleme durch Hitze. Der Anteil bei den Älteren ab 60 Jahre lag dabei mit 25 Prozent doppelt so hoch wie bei den Jüngeren (12 Prozent). Von denen, die unter Hitzefolgen litten, mussten zehn Prozent eine Arztpraxis aufsuchen. Weitere 18 Prozent gaben an, sie hätten zwar auf einen Praxisbesuch verzichtet, wären aber besser zum Arzt oder zur Ärztin gegangen.
Weitere Ergebnisse des DAK-Hitzereports sind:
- 65 Prozent der Menschen sind aufgrund von Hitzewellen und Extremwetter in großer bzw. sehr großer Sorge.
- Drei von vier Befragten sind der Meinung, dass die bislang unternommenen Maßnahmen zum Hitzeschutz der Bevölkerung nicht ausreichen.
- Vor allem die Bewohner von Großstädten ab 500.000 Menschen erwarten einen stärkeren Schutz vor Hitzewellen (83 Prozent). Bei den 18- bis 29- Jährigen geben dies mit 89 Prozent besonders viele Befragte an.
- Für manche gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche besteht nach Einschätzung der Befragten ein besonderer Aktionsbedarf: 89 Prozent sind der Ansicht, dass Wirtschaftszweige mit schwerer körperlicher Arbeit wie etwa Handwerk, Bau und Produktion besonders stark von Hitzewellen betroffen sind.
- Etwas mehr als drei Viertel halten darüber hinaus die Menschen in Alten- und Pflegeeinrichtungen für anfällig und mehr als die Hälfte (52 Prozent) die medizinische Versorgung in Krankenhäusern.
Kurzfristig wäre ein Stufenplan zum Hitzeschutz sinnvoll
Erste Länder und Kommunen sind bereits den politischen Vorgaben gefolgt, bis 2025 einen Hitzeschutzplan vorzulegen. „Wir können aber nicht noch zwei Jahre auf flächendeckende Lösungen warten“, sagt DAK-Vorstandschef Storm. „Wir brauchen jetzt kurzfristige Maßnahmen und ein Hitzewarnsystem.“ Deshalb sei aus seiner Sicht ein Stufenplan mit Sofortschutz und mittelfristigen Maßnahmen sinnvoll. In jedem Fall, so Storm, sollte kurzfristig ein besserer Hitzeschutz in Alten- und Pflegeeinrichtungen, in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen sowie in Kliniken umgesetzt werden.
Besorgt zeigt sich auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK). Es rechnet in diesem Sommer vermehrt mit Hitzenotfällen – besonders ältere oder kranke Menschen sollten vorsichtig sein. „Bei 30 Grad stößt unser Körper einfach an seine Grenzen”, sagt DRK-Bundesarzt Univ.-Prof. Dr. Bernd Böttiger. Für die nächste Hitzewelle gibt der Mediziner folgende Ratschläge: „Es gilt, viel Wasser zu trinken, egal ob jung oder alt, besonders bei körperlichen Aktivitäten und einer anstrengenden Arbeit. Die tägliche Trinkmenge von rund 1,5 bis 2 Litern sollte man im Idealfall noch um mindestens einen Liter erhöhen. Ältere Menschen verlieren oft ihr Durstgefühl, bei zunehmender Hitze verschärft sich das Problem. Denn bei hohen Temperaturen wird mehr Flüssigkeit durch Schwitzen ausgeschieden." Auch kranke Menschen seien bei Hitze gefährdet, da einige Medikamente entwässernd wirken. Genug Flüssigkeit sei für beide gefährdete Gruppen essenziell, um einem Kreislaufkollaps vorzubeugen, so Bernd Böttiger.
Alarmsignale wie Kopfschmerzen oder Schwindel ernst nehmen
Um ernste Hitzefolgen zu vermeiden, sollte der Alkoholkonsum unbedingt eingeschränkt werden, da er zu vermehrtem Flüssigkeitsverlust führt. Auch zuckerreiche Limonaden sind laut dem DRK-Bundesarzt mit Vorsicht zu genießen, da sie noch mehr Durst verursachen. Beim Essen gelte: auf schwere und fettige Kost verzichten und lieber auf kleinere und leichtere Mahlzeiten setzen, mit viel Obst und Gemüse. Ein Aufenthalt im Warmen mag zwar verlockend klingen, bedeutet aber immer eine Doppelbelastung für den Kreislauf. Vor allem Kleinkinder und Senioren dürfen keinesfalls längere Zeit der direkten Sonne ausgesetzt werden. Der Sonnenhut, eventuell mit einem Nackenschutz, sei ein Muss.
„Um Schlimmeres zu vermeiden, sollte unbedingt auf erste Anzeichen eines Hitzenotfalls geachtet werden”, gibt Prof. Dr. Böttiger zu bedenken. Symptome sind Kopfschmerzen und Schwindel. Bei einer Kreislaufschwäche können elektrolythaltige Getränke wie etwa eine Apfelsaftschorle Betroffenen helfen. Und um einen Wärmestau zu verhindern, sollten beengende und überflüssige Kleidungsstücke abgelegt werden. Auch das Zufächeln von Luft sorgt für Kühlung. „Wenn sich der Zustand durch die Erste-Hilfe-Maßnahmen nicht bessert, rufen Sie unbedingt den Rettungsdienst an (Tel. 112)“, rät der DRK-Bundesarzt.
*Für den Hitzereport der DAK-Gesundheit wurden 1.001 Bundesbürgerinnen und -bürger ab 18 Jahren vom Forsa-Institut online befragt. Die repräsentative Erhebung wurde vom 15. bis 20. Juni 2023 durchgeführt.