Sorglos am Strand: Wie auch Herzkranke sicher reisen können
Wer auf Reisen geht, wünscht sich fröhliche und entspannte Tage ohne gesundheitliche Probleme. Herzpatienten sollten daher jeden Urlaub gut planen und mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt besprechen, ob und wie sie auch als Herzkranke sicher reisen können. Mit den Experten-Tipps in diesem Beitrag lassen sich die Risiken minimieren.
„Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen müssen in der Regel nicht aufs Reisen verzichten“, betont der Herzspezialist Prof. Dr. Thomas Meinertz, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat und Chefredakteur der Deutschen Herzstiftung. Wenn Herzkranke sicher reisen wollen, sollten sie aber vorab Aspekte ihres Urlaubs wie Klima, Höhenlage und die medizinische Versorgung vor Ort mit ihrem Arzt besprechen. Der Kardiologe kann spezifische Empfehlungen geben, die auf das persönliche Risikoprofil zugeschnitten sind.
„Generell sollten sich Herzpatienten rund drei Wochen vor der Reise nochmals untersuchen lassen“, rät Meinertz. So könne überprüft werden, ob der Erkrankungszustand stabil sei, und die medikamentöse Einstellung könne eventuell noch geändert werden.
Bei Herzschwäche und Hitze: Vorsicht vor Flüssigkeitsverlust
Bei der Wahl des richtigen Urlaubsziels sollten Herzpatienten den Klimawechsel berücksichtigen. Sehr hohe Temperaturen von 30 Grad und mehr können ohne Vorsichtsmaßnahmen gerade bei Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzschwäche oder koronarer Herzkrankheit (KHK) einen Kreislaufkollaps oder Herzrhythmusstörungen auslösen. Aber auch Patienten mit Niereninsuffizienz, Diabetes, Lungenerkrankungen oder einer Demenz sind durch Hitze gefährdet.
Besonders in der Kombination aus Herzschwäche, Hitzeperiode und medikamentöser Therapie sieht der Kardiologe Prof. Dr. Thomas Voigtländer eine gewisse Gefährdung: „Speziell bei Patienten mit Herzschwäche, die wassertreibende Medikamente, also Diuretika, einnehmen und bei denen die Trinkmenge ohnehin eingeschränkt ist, kann es zu einer ungünstigen Kombination des Wasserverlustes kommen. Der Körper kompensiert die Hitze durch Schwitzen und verliert zusätzlich an Flüssigkeit durch die Diuretika“, so der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Herzstiftung.
„Um einen Flüssigkeitsverlust zu vermeiden, sollten Herzpatienten auf eine ausreichende Trinkmenge achten. Aber sie sollten auch nicht zu viel trinken, denn eine übermäßige Flüssigkeitszufuhr kann bei Herzkranken zur Verschlechterung ihrer Herzleistung führen.“ Durch tägliches Wiegen morgens vor dem Frühstück, nach dem ersten Gang zur Toilette, können Herzschwäche-Patienten kontrollieren, ob sie zu viel Flüssigkeit aufnehmen. Hinweis darauf gibt eine Zunahme von mehr als einem Kilogramm Körpergewicht von einem Tag auf den anderen.
Bei Bluthochdruck: Hitze kann Schwindel durch Blutdruckabfall auslösen
Für Menschen mit Bluthochdruck kann Hitze ebenfalls zum Problem werden, weil der Körper auf die hohen Temperaturen reagiert, indem er die Gefäße weitet. Dadurch fällt der Blutdruck ab. Senken zusätzlich Medikamente den Blutdruck, besteht die Gefahr von Schwindel und Bewusstlosigkeit. Deshalb raten Kardiologen dazu, gerade bei Hitze öfter mal den Blutdruck zu messen. Fällt er unter einen Wert von 100 mmHg (systolisch), ist die Rücksprache mit einem Arzt ratsam. Umgekehrt kann der Blutdruck bei einigen Patienten auch stark ansteigen, weil ihr Körper durch die Hitze unter großen Stress gerät.
„Bei blutdrucksenkenden Medikamenten wie Betablockern, ACE-Hemmern, Sartanen und Calciumantagonisten – ebenso bei den Diuretika für Herzschwächepatienten – kann wegen längerer extremer Hitze eine Änderung der Dosierung notwendig werden“, erläutert Thomas Meinertz. Herzpatienten sollten deshalb von ihrem Arzt die Dosierung überprüfen lassen und besprechen, welche Medikamente bei Hitze wie lange reduziert werden können.
Große Höhe und Luftverschmutzung stressen das Herz
Auch Aufenthalte in großen Höhen können den Körper unter Stress setzen – nicht nur bei Wanderungen in den Bergen, sondern auch bei Aufenthalten in hochgelegenen Regionen. Bei leichter körperlicher Aktivität gilt dabei als kritische Grenze eine Höhe von 2.500 Metern, bei intensiver Belastung (Berganstieg) liegt die allerdings schon deutlich darunter (zum Vergleich: Die Zugspitze ist 2.962 Meter hoch, das ebenfalls per Seilbahn erreichbare Klein-Matterhorn bei Zermatt 3.883 Meter, La Paz in Bolivien liegt auf 3.869 Metern). Denn mit zunehmender Höhe wird die Luft dünner, es gelangt weniger Sauerstoff in die Arterien. Dadurch steigt die Herzschlagrate.
„Der hohe Puls kann insbesondere Menschen mit einer Herzschwäche enorm belasten“, erklärt Prof. Meinertz. „Höhenlagen sowie tropische und arktische Weltregionen sind für Herzpatienten nicht zu empfehlen. Das Klima dort strengt das Herz-Kreislauf-System einfach zu sehr an.“ Gerade bei Städtereisen sollten sich Herzpatienten darüber hinaus auch über die Luftqualität am Urlaubsort informieren. Schadstoffe wie Feinstaub, Kohlenmonoxid und Stickoxide können Entzündungen befeuern und Ablagerungen in den Gefäßwänden begünstigen. Gefährdet sind unter anderem Patienten mit KHK, Herzrhythmusstörungen oder Bluthochdruck.
Nach Operation: Wann können Herzkranke wieder sicher reisen?
Wer nach einem überstandenen Herz-Eingriff eine Urlaubsreise plant, sollte mit dem Kardiologen klären, ab welchem Zeitpunkt eine Reise ratsam ist. Auch die Herzstiftung informiert über die empfohlenen Zeitintervalle bis zur nächsten Reise nach Herzinfarkt, Stent-Implantation, Bypass-Operation, Katheterablation, großem herzchirurgischem Eingriff sowie nach Implantation von Herzschrittmacher und Defibrillator. Beispiel Herzinfarkt: Hier hängt die Wartezeit bis zum Start der Reise von der Infarktgröße und -lokalisation ab. Bei niedrigem Risiko könnte bereits nach drei Tagen das Reisen wieder möglich sein – empfohlen wird aber in der Regel, mindestens 14 Tage zu warten.
Bei diesen Symptomen sollten Herzkranke auf Reisen verzichten
In manchen Fällen sollten Herzpatienten auf eine Urlaubsreise verzichten – etwa dann, wenn sie unter folgenden Erkrankungen beziehungsweise Symptomen leiden:
- Angina pectoris (Brustenge) bei geringen Belastungen wie Treppensteigen;
- mit zunehmender Stärke auftretende Angina pectoris;
- Luftnot bei geringer Belastung wie Gehen zu ebener Erde oder Treppensteigen;
- zunehmende Luftnot oder zunehmenden Ödemen (Wassereinlagerungen);
- wiederholter Schwindel;
- plötzliche Bewusstlosigkeiten (Synkopen).
Was bei Flugreisen zu beachten ist
Patienten mit KHK, Herzschwäche, Herzklappenersatz, Schrittmacher und Defi können fliegen, wenn sie gut belastbar sind, die Krankheitssituation stabil ist und sich Krankheitssymptome kurz vor der Abreise nicht akut verschlechtern. Krankenunterlagen sollten während des Fluges griffbereit sein. Ausreichend Medikamente, die während der direkten Reisezeit nötig sind (plus Puffer), sollten ins Handgepäck, ebenso der Medikationsplan zum Bedarfsnachweis. Wer einen Herzschrittmacher oder Defibrillator in seiner Brust trägt, sollte den Ausweis für das Gerät bei Sicherheitskontrollen am Flughafen vorzeigen. Durch die Kontrollschranken (jene, die aussehen wie Türrahmen) kann man zwar guten Gewissens gehen. Aber eine Untersuchung mit einem händischen Metalldetektor direkt über dem Brustbereich ist eher ungünstig.
Langes Sitzen bei Langstreckenflügen bringt die Gefahr einer Thrombose mit sich, die zur Lungenembolie führen kann. Mit dem Arzt sollte je nach individuellem Risiko besprochen werden, ob Thrombosestrümpfe und Heparinspritzen ratsam sind.
Service-Tipp
Eine Reise-Checkliste zu den wichtigsten Punkten einer guten Reisevorbereitung und die Bestellmöglichkeit eines Reise-Sets für Herzkranke bietet die Deutsche Herzstiftung kostenfrei online oder telefonisch unter 069 955128-400 an.