Stirbt die Apotheke vor Ort?

Die Apotheke vor Ort ist in ihrer Existenz gefährdet

Foto: © ABDA

Die Apotheke vor Ort hat im Wettbewerb mit ausländischen Versandapotheken enorme Nachteile. Während für hiesige Apotheken bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln eine Preisbindung gilt, dürfen ausländische Versender Rabatte auf die Rezepte geben. Aufgrund dieser unfairen Wettbewerbsbedingungen haben bereits viele Apotheken in Deutschland schließen müssen.

Für rezeptpflichtige Medikamente gilt in Deutschland eine Preisbindung. Jede Apotheke vor Ort muss für jedes rezeptpflichtige Präparat das gleiche Entgelt erheben wie die Konkurrenz nebenan. Diese Regelung hat für die Patienten große Vorteile: Sie können sicher sein, in keiner Apotheke übervorteilt zu werden, wenn sie im akuten Krankheitsfall ein Rezept vom Arzt einlösen müssen.

Auch für die Apotheke vor Ort ist die Arzneimittelpreisbindung eine wichtige Stütze ihrer Arbeit: Statt eines ruinösen Preiswettbewerbs soll ein Qualitätswettbewerb um die beste Abgabe und Beratung von Arzneimitteln stattfinden. Gerade in ländlichen Regionen soll damit langfristig die wohnortnahe Versorgung gesichert werden.

Unlauterer Wettbewerb

Seit einigen Jahren haben ausländische Versandapotheken jedoch einen unfairen Wettbewerbsvorteil: Denn 2016 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass ausländische Versandapotheken die Arzneimittelpreisverordnung nicht mehr beachten müssen. Seitdem dürfen die Versender auf die bei ihnen eingelösten Rezepte Rabatte oder Boni gewähren – und tun das auch, bis zu 30 Euro pro Rezept werden angeboten. Diese gravierende Wettbewerbsverzerrung hat dazu geführt, dass die Geschäfte der ausländischen Versender florieren, ihr Marktanteil wächst stetig. Die Apotheke vor Ort befindet sich dagegen auf dem Rückzug: Inzwischen gibt es in Deutschland über 2.200 Apotheken weniger als vor zehn Jahren.

Geht diese Entwicklung weiter, ist die flächendeckende Versorgung in Gefahr. Das Problem hat auch die Bundesregierung erkannt: Im Koalitionsvertrag vereinbarten CDU/CSU und SPD, sich für ein Verbot des Versands rezeptpflichtiger Arzneimittel einzusetzen. Doch es blieb bei der Absichtserklärung – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn möchte diese Koalitionsvereinbarung nicht umsetzen. Weil aber auch er einsieht, dass die gegenwärtige unfaire Wettbewerbssituation untragbar ist, legte Spahn kürzlich den Entwurf für ein „Apotheken-Stärkungsgesetz“ vor.

„Apotheken-Stärkungsgesetz“ hilft der Apotheke vor Ort nicht

Die Apothekerkammern und -verbände begrüßen zwar die Absicht des Gesundheitsministers, die Apotheke vor Ort zu stärken. Allerdings werde der vorliegende Referentenentwurf zum Apotheken-Stärkungsgesetz diesem Ziel in wesentlichen Punkten nicht gerecht. Er verschlechtere vielmehr in seiner jetzigen Fassung die Situation der Apotheke vor Ort, weil er entgegen seiner Absicht die EU-Versender dauerhaft von der Preisbindung freistelle. „Das Bundesgesundheitsministerium will die Apotheken vor Ort stärken, lässt aber noch wesentliche Voraussetzungen dafür im Gesetzentwurf vermissen“, sagt Friedemann Schmidt, Präsident der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. „In unserer Stellungnahme zum Referentenentwurf werden wir diese Defizite beschreiben und klare Alternativen benennen. Die Arzneimittelpreisverordnung ist einer der wichtigsten Eckpfeiler der Arzneimittelversorgung in Deutschland und muss deshalb auch europarechtlich abgesichert werden.“

Unterstützung bekommen die Apotheker von der CSU. Die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) setzt sich dafür ein, den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten zu verbieten. Auch der Bundesrat befürwortete schon 2016 das sogenannte Rx-Versandverbot (die Abkürzung Rx bedeutet rezeptpflichtige Mittel). In ihrer Begrüßungsrede auf dem Bayerischen Apothekertag am 3. Mai 2019 sagte Melanie Huml zum geplanten Apotheken-Stärkungsgesetz: „Der Entwurf bringt keine Rechtsklarheit mit sich. Ich hätte mir ganz einfach die Umsetzung des Koalitionsvertrages, also das Rx-Versandverbot, gewünscht.“