Selbstbehandlung bei Alltagsbeschwerden
Für sich selbst Verantwortung zu übernehmen, gerade auch was die eigene Gesundheit anbelangt, ist kein modischer Trend, sondern für immer mehr Menschen eine Selbstverständlichkeit. In diesem Zusammenhang kommt dem Wissen um die Möglichkeiten und Grenzen einer verantwortungsvollen Selbstbehandlung eine große Bedeutung zu. Kompetente Beratung gibt es in der Apotheke.
Warum sind manche Arzneimittel rezeptfrei erhältlich und andere nicht? Gibt es Unterschiede in der Wirksamkeit? Dr. Hubertus Cranz, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller (BAH) erklärt die Hintergründe: „Rezeptfreie sind wie rezeptpflichtige Arzneimittel nach dem Arzneimittelgesetz zugelassen und unterliegen damit den gleich hohen Anforderungen an Wirksamkeit und Qualität. Sie sind erst dann von der Rezeptpflicht befreit, wenn sich ihre Verträglichkeit als so gut erwiesen hat, dass eine Selbstbehandlung problemlos möglich ist. Sie dienen insbesondere der Vorbeugung und Behandlung von gesundheitlichen Beschwerden, die nicht zwingend eines Praxisbesuches bedürfen.“
Auf „Grünem Rezept“ verordnet
Einige rezeptfreie Arzneimittel haben es bei bestimmten Erkrankungen sogar in die „ärztlichen Leitlinien“ geschafft – in die offiziellen Empfehlungen der obersten wissenschaftlichen Ärztegremien. Die Wertschätzung rezeptfreier Präparate zeigt sich auch am millionenfach eingesetzten „Grünen Rezept“, mit dem Ärztinnen und Ärzte rezeptfreie Medikamente empfehlen können. Zwar müssen diese Arzneimittel in aller Regel von den Patienten und Patientinnen selbst bezahlt werden. Einige Krankenkassen erstatten jedoch in bestimmten Fällen die Kosten. Bei der eigenen Krankenkasse nachzufragen, kann sich also lohnen.
Nicht wegen jeder Gesundheitsstörung in die ärztliche Praxis
Gut 60 Prozent der Bevölkerung haben im Jahr 2021 rezeptfreie Arzneimittel zur Vorbeugung oder Behandlung leichter gesundheitlicher Beschwerden und Erkrankungen verwendet. Hierzu gehören unter anderem Erkältungen, Allergien, Kopfschmerzen, Magen- und Darmbeschwerden oder auch Muskel- und Gelenkschmerzen. Eine solche Selbstbehandlung hat gleich mehrere Vorteile: Erstens natürlich den individuellen Nutzen, gesund zu werden und zu bleiben. Darüber hinaus vermeidet jede erfolgreiche Selbstmedikation den Gang in die Arztpraxis. Dies spart nicht nur den Praxen und Patienten wertvolle Zeit, sondern dem gesamten Gesundheitssystem knappe Ressourcen und Kosten.
Der Beratungsbedarf in Sachen Selbstbehandlung ist groß
Doch welche Präparate werden wie zur Selbstmedikation eingesetzt? Für welche gibt es wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweise? Wie hoch ist das Risiko von Wechselwirkungen mit anderen, möglicherweise parallel eingenommenen Medikamenten? Und wer behält den Überblick? Der Beratungsbedarf ist riesig. In Zeiten von „Dr. Internet“ buhlt eine Unzahl von Informationsquellen – seriöser und unseriöser Art – um Aufmerksamkeit. Vielfach dominieren kommerzielle Interessen, nicht selten werden fragwürdige, ja teilweise sogar gesundheitsschädigende Mittel empfohlen. Eine Entwicklung, die Experten zunehmend Sorge bereitet. Patrick Heinz, Geschäftsführer der Deutschen Gesundheitshilfe (DGH), wird in diesem Zusammenhang nicht müde, die hohe Fachkompetenz der Apotheken herauszustellen. „Die Apotheken vor Ort können dank ihrer heilberuflichen Kompetenz Möglichkeiten und Grenzen der Selbstmedikation sehr gut einschätzen und bei Bedarf auch zum Arztbesuch raten. Dadurch werden die Risiken einer Fehlbehandlung vielfach vermieden.“
Selbstbehandlung muss sicher sein
Aus der Sicht der Deutschen Gesundheitshilfe gehören rezeptfreie Arzneimittel zweifelsfrei in die Apotheke. Eine solche, heilberuflich begleitete und damit sichere Selbstmedikation unterstützen auch die seit kurzem verfügbaren „Apotheken-Bestellplattformen“. Darüber lassen sich bequem Arzneimittelbestellungen an die vertraute Apotheke vor Ort übermitteln, egal ob von zu Hause aus oder auch per App von unterwegs – sorgfältig kontrolliert von qualifiziertem pharmazeutischem Fachpersonal. Dies dient nicht nur der Sicherheit, sondern stärkt auch die Apotheken vor Ort im härter werdenden Wettbewerb mit teils fragwürdigen Angeboten aus dem Internet.
Die Bereitschaft, neue, unterstützende Angebote der Apotheken rund um die Gesundheit zu nutzen, ist gerade auch bei jungen Menschen hoch. Hierzu gehören vor allem Beratungen zu Themen wie Gewichtsproblemen, Raucherentwöhnung oder präventiven Maßnahmen zur Erhaltung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit. Auch der Gesetzgeber, in diesem Fall das Bundesgesundheitsministerium, misst den öffentlichen Apotheken offensichtlich eine besondere Bedeutung zu: Bis 2026 soll es in mindestens 60 Prozent der hausärztlich unterversorgten Regionen eine Anlaufstelle für assistierte Telemedizin – im besten Fall in den lokalen Apotheken – geben, sieht ein erst kürzlich veröffentlichtes Strategiepapier des Ministeriums vor.