Klimaangst: Der Klimawandel belastet die Seele

Wenn der Klimawandel die Seele belastet, kann Klimaangst entstehen
Foto © Ulrike Lentze

Hitzewellen, Dürre, Waldbrände: Der Klimawandel macht sich auch bei uns mehr und mehr bemerkbar. Das bereitet vielen Menschen Sorgen. Manche leiden unter der sogenannten Klimaangst: Wut, Frust oder Verzweiflung über die Klimakrise belasten ihre Seele.

Bei der Klimaangst handelt es sich um eine normale und berechtigte Reaktion auf die existenziellen Veränderungen, die uns durch den Klimawandel drohen. Klimaangst ist keineswegs krankhaft, sondern völlig vernünftig: Wer die Realität nicht ausblendet, muss sich vor den Folgen der zunehmenden Erderhitzung fürchten. Dazu gehören nicht nur schlimmste Wirbelstürme in der Karibik - sondern auch Dürren und extremer Starkregen bei uns.

Solche Katastrophen können bei den direkt Betroffenen auch behandlungsbedürftige seelische Erkrankungen verursachen. Wer einen geliebten Menschen, sein Zuhause oder seine Existenz verloren hat, kann eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln. Besonders verbreitet sind Angststörungen, gefolgt von Alkoholmissbrauch und Depressionen.

Viele fühlen sich hilflos und ohnmächtig

"In einer Studie zur Auswirkung des verheerenden Hurrikans Katrina von 2005 wurde zum Beispiel festgestellt, dass sich die Suizidrate in den betroffenen Gegenden danach verdoppelte und die Hälfte der Menschen Angstsymptome oder Depressionen entwickelte", berichtet Dr. Sylvia Böhme. "Der Klimawandel betrifft uns alle. Als einzelnes Individuum kann man aber nur wenig dagegen tun. Das löst bei vielen Menschen ein Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit aus. Sie haben Angst, dass das eigene Leben oder das ihrer Nachkommen bedroht ist", so die Psychologin und Psychotherapeutin bei der AOK.

Hinzu kommen Gefühle von Kontrollverlust und Trauer, wenn Menschen zum Beispiel bei Dürren, Bränden oder Überschwemmungen sehen, wie ihre Heimat zerstört wird. Gegen die Klimaangst kann es möglicherweise helfen, nicht länger passiv zu bleiben, sondern sich in einer Organisation oder im eigenen Umfeld aktiv für den Klimaschutz einzusetzen. "Wer sich gemeinsam mit anderen engagiert, hat weniger das Gefühl, ohnmächtig und hilflos zu sein. Soziale Netzwerke stärken die eigene psychische Belastbarkeit und machen uns widerstandsfähiger. Ebenso überzeugen junge Ansätze der Climate Psychology: Sie nutzen Erkenntnisse der psychologischen Forschung und kommunizieren Informationen zum Klimawandel so, dass sie auch beim Gegenüber ankommen und im besten Fall zum Umdenken führen. So fühlen sich die Menschen ernst genommen. Die Kur für die Klimaangst entspräche dann der Kur für unser Klima. Eine heilsame Vorstellung", findet Psychologin Böhme.

Hitze geht an die Nerven

Der Klimawandel wird von vielen Menschen als permanente Belastung wahrgenommen. Und eine Dauerbelastung erhöht das Risiko für seelische Erkrankungen. So schlagen dann auch Hitzewellen auf die Psyche: Bei hohen Temperaturen werden vermehrt Stresshormone ausgeschüttet und es kann zu mehr Aggressivität und Gewaltbereitschaft kommen.

Vor allem bei älteren Menschen besteht bei Hitze außerdem die Gefahr, dass sie nicht genug trinken, da ihr Durstgefühl nicht mehr so ausgeprägt ist. Der Flüssigkeitsmangel kann dann zu Verwirrungszuständen führen. Das Umweltbundesamt hat Tipps zusammengestellt, wie man sich am besten vor Hitze schützt.

Was tun, wenn Klimaangst die Seele belastet?

"Bei Menschen, die der Klimawandel und seine Folgen psychisch belastet, kann gutes Stressmanagement oder ein Resilienztraining helfen, aus den Ängsten herauszukommen. Denn jeglicher Stress erhöht das Risiko einer psychischen Erkrankung", so Böhme. "Wichtig ist, sich objektiv mit der Bedrohung auseinanderzusetzen, um sie 'entkatastrophisieren' zu können. Deshalb ist es eben wichtig, sich durch Eigenengagement ein Stück Kontrollgefühl zurückzuholen."

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