Hilft Bewegung bei Verstopfung?

Bewegung bei Vestopfung hilft nicht zuverlässig

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15 Prozent der Deutschen leiden mindestens einmal im Jahr unter Verstopfung. Ein häufiger Tipp lautet dann: Mach‘ mehr Sport! Es gibt jedoch keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass Bewegung bei Verstopfung hilft.

Bei chronischer Verstopfung geraten die normalen Bewegungsmuster der Darmmuskulatur ins Stocken. Insbesondere die kräftigen Kontraktionen, die den Darminhalt vorwärtstreiben, können deutlich vermindert sein: Der Darm wird träge. Viele Menschen haben den Eindruck, dass sie vor allem in Zeiten, in denen sie sich wenig bewegen, vermehrt mit Verdauungsproblemen zu kämpfen haben. Es erscheint ihnen daher naheliegend, dass mehr Bewegung bei Verstopfung helfen würde.

Aber was sagen Experten, funktioniert das wirklich? „Ich muss Sie leider gleich zu Beginn enttäuschen“, antwortet Professor Dr. Michael Karaus, Gastroenterologe und Chefarzt der Abteilung Innere Medizin am Evangelischen Krankenhaus Göttingen-Weende. „Leider konnte zumindest bei einer moderaten körperlichen Bewegung, was in dem Fall Hobby-Sport wie Schwimmen oder Fahrradfahren einschließt, eine sofortige Verbesserung eines trägen Darms bislang nicht gezeigt werden.“

Ist Bewegung bei Verstopfung sogar ungünstig?

Sportliche Aktivitäten könnten sogar kontraproduktiv sein. Gerade während Phasen körperlicher Belastung kann es zu einer Reduktion der Darmbewegungen kommen. Dies ist auch plausibel und physiologisch sinnvoll: Wenn wir körperlich aktiv sind, sind Toilettengänge in der Regel nicht wirklich erwünscht. Der Darm hat Ruhe, wir haben schließlich gerade andere Dinge zu tun. Je höher die Intensität des Workouts, desto mehr wird die Darmbewegung heruntergefahren. Kommen wir nach dem Sport wieder zur Ruhe, erholt sich in der Regel auch unser Darm gleich wieder und kehrt zu seiner normalen Aktivität zurück.

Professor Karaus ergänzt: „Genauso kann sich aber auch zu wenig Bewegung, insbesondere über einen längeren Zeitraum, ungünstig auf die Darmtätigkeit auswirken: Einige Studien zeigen, dass Inaktivität bei Gesunden eine Verstopfung begünstigen kann. So führte nach einer Erhebung von 1993 eine zweiwöchige Inaktivität bei Gesunden zu einer verlängerten Verweildauer des Stuhls im Dickdarm.“

Sport ist nicht die Antwort

Zusammenfassend gilt: Eine moderate Aktivitätssteigerung im Alltag, wie zum Beispiel 30 Minuten Joggen, erhöht die Darmbewegung bei Gesunden nicht entscheidend. Zwar berichten einige Probanden in Studien davon, durch die Bewegung einen besseren Stuhlgang zu haben, aber dies gilt leider nicht gleichermaßen für jeden. Auf alle Fälle scheint Bewegung aber geeignet zu sein, um einem trägen Darm vorzubeugen.

Doch was hilft, wenn der Darm bereits bewegungsfaul ist und wir das Gefühl haben, verstopft zu sein? Experten raten im Rahmen der aktuellen Behandlungsleitlinien bei bestehender Verstopfung, rechtzeitig gut verträgliche und zuverlässig wirkende Medikamente einzusetzen. Für die medikamentöse Behandlung akuter und chronischer Verstopfung empfiehlt die deutsche Leitlinie die Wirkstoffe Bisacodyl, Natriumpicosulfat und Macrogol. So wurde für Bisacodyl und Natriumpicosulfat in hochwertigen Studien bewiesen: Sie verbessern das Wohlbefinden, sodass man wieder unbeschwert am Leben teilnehmen kann.