Valsartan zurückgerufen: Was sollten Herzpatienten tun?
Seit Anfang Juli rufen die Aufsichtsbehörden europaweit Blutdrucksenker mit dem Wirkstoff Valsartan zurück. Viele Herzpatienten sind vom Rückruf betroffen. Was sie jetzt tun sollten, erklärt die Deutsche Herzstiftung.
In bestimmten Valsartan-haltigen Präparaten wurde die potenziell gefährliche Verunreinigung N-Nitrosodimethylamin (NDMA) gefunden. NDMA wird von der internationalen Agentur für Krebsforschung, der Weltgesundheitsorganisation WHO und der EU als wahrscheinlich krebserregend für Menschen eingestuft.
N-Nitrosodimethylamin und andere so genannte Nitrosamine finden sich beispielsweise im Zigarettenrauch und in gepökeltem oder geräuchertem Fleisch. Aktuell sind bereits zahlreiche Valsartan-haltige Arzneimittel vom Markt genommen worden. Es ist aber möglich, dass noch weitere Medikamente mit ähnlichen Wirkstoffen von der Verunreinigung betroffen sind.
Bei krebserregenden Stoffen gibt es keinen Grenzwert
Mittlerweile hat sich bestätigt, dass die zurückgerufenen Valsartan-Tabletten bis zu 22 Mikrogramm NDMA pro Tablette enthalten. Das klingt wenig, aber konkrete Grenzwerte für die täglich erlaubte Menge von NDMA gibt es nicht. Die mittlere Aufnahme von Nitrosaminen aus Lebensmitteln wird insgesamt nur auf 0,3 Mikrogramm pro Tag geschätzt. Bei Menschen, die täglich 20 Zigaretten rauchen, kann die Belastung mit Nitrosaminen auf 17 bis 85 Mikrogramm pro Tag ansteigen.
Eine aktuelle Übersicht über die mit NDMA verunreinigten Valsartan-haltigen Präparate ist hier abrufbar.
Was können betroffene Patienten tun?
Viele Patienten sind verunsichert. Sie wissen nicht, ob ihr Medikament von der Verunreinigung betroffen ist, auf welches andere Valsartan-Präparat sie umsteigen können, ob sie es ganz absetzen oder durch ein anderes Sartan ersetzen sollen. „Patienten sollten ihren Hausarzt aufsuchen und um eine Alternative bitten. In der Regel sollten Betroffene auf ein anderes gleichdosiertes Valsartan-Präparat umsteigen, das nicht von der Verunreinigung betroffen ist“, empfiehlt der Kardiologe Professor Thomas Meinertz von der Deutschen Herzstiftung.
Spätestens bei der Ausstellung eines neuen Rezepts sollte die Umsetzung auf ein anderes, nicht betroffenes Valsartan oder ein anderes Sartan, beispielsweise Candesartan oder Telmisartan, in gleich effektiver Dosierung erfolgen. „Generell sollten Blutdrucksenker nicht abgesetzt werden“, warnt Meinertz. Ein plötzliches Absetzen blutdrucksenkender Medikamente kann bei Bluthochdruck-Patienten Blutdruckspitzen erzeugen, die Herz und Kreislauf gefährlich belasten können.
Die langfristigen Folgen sind unklar
Ob bei Patienten, die jahrelang mit NDMA verunreinigtes Valsartan eingenommen haben, ein erhöhtes Krebsrisiko besteht, muss wissenschaftlich untersucht werden, fordert die Deutsche Herzstiftung. Zum Schutz der Patienten gilt es darüber hinaus, die bisherigen Kontrollmechanismen zu überprüfen. Im Fall der verunreinigten Valsartan-haltigen Präparate hatte die chinesische Hersteller-Firma der europäischen Aufsichtsbehörde EDQM gemeldet, den Wirkstoff nach einem veränderten Synthese-Verfahren zu produzieren.
Nach Angaben des Herstellers gab es keinen Hinweis darauf, dass es aufgrund der neuen Synthese zur Verunreinigung mit der potenziell krebserzeugenden Substanz kommen könnte. Auch die Experten der EDQM hatten aufgrund der vom Hersteller vorgelegten Unterlagen keinen Verdacht geschöpft. Das deutet auf Lücken im Prüfverfahren hin. „Der Gesetzgeber sollte deshalb die Kontrollen von Generika verstärken, beispielsweise durch Eingangsprüfungen. Eine andere Maßnahme wäre die Einführung bundeseinheitlich verbindlicher Tests durch eine zentrale Bundesbehörde“, fordert Professor Meinertz.