Hilfe bei Kopfweh und Nackenschmerzen
Kopfweh und Nackenschmerzen kommen selten allein. Gesellen sich dann noch Schulterverspannungen dazu, trifft es uns doppelt und dreifach. Im Akutfall helfen Schmerzmittel, langfristig empfehlen sich moderater Ausdauersport, Entspannungsübungen und Maßnahmen zum Stressabbau.
Laut einer wissenschaftlichen Patientenbefragung sorgt die Kombination aus Kopfweh und Nackenschmerzen sowie Schulterschmerzen für mehr Schmerztage als reine Spannungs- oder Migränekopfschmerzen. Und die Zahl der Betroffenen ist immens: 61 Prozent der befragten Kopfschmerzpatienten gaben an, unter genau diesem Beschwerdebild zu leiden.
„Das deckt sich mit meinen Erfahrungen aus der Praxis“, sagt Dr. Stefanie Förderreuther, Neurologin am Universitätsklinikum München. „Insbesondere Patienten, die viel in sitzender Tätigkeit beschäftigt sind und nicht zwischen Sitzen, Stehen und Gehen abwechseln können, berichten das.“ In einer weiteren Studie wurde außerdem gezeigt, dass Menschen mit einer Kopfschmerzerkrankung eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit (86 Prozent) haben, mindestens einmal im Jahr Nackenprobleme zu bekommen, als Personen ohne Kopfschmerzen (57 Prozent).
Triggerpunkte, Verspannungen – Kopfweh und Nackenschmerzen?
Vom Kopf bis zu Nacken und Schultern ist es nicht weit. Die Übergänge sind fließend. Zahlreiche Nervenbahnen und Muskelstränge verbinden die Bereiche miteinander. „Der Zusammenhang zwischen Nacken- und Kopfschmerz wurde erst in den letzten zehn bis 15 Jahren näher erforscht“, sagt Privatdozent Dr. Tim Jürgens, Neurologe und ärztlicher Leiter des Kopfschmerzzentrums Nord-Ost in Rostock.
Was weiß man heute? „Beteiligt ist zum einen der Trigeminusnerv. Er leitet schmerzhafte Empfindungen aus der Gesichtshaut, der vorderen Schädeloberfläche sowie den Hirnhäuten zu den Zentren der Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung im Gehirn“, erklärt Dr. Jürgens. „Sein „Teamkollege“, der große Hinterhauptsnerv, sendet schmerzhafte Wahrnehmungen aus dem Hinterkopf und dem Nacken an die zentralen Strukturen der Schmerzverarbeitung. Beide treffen im Hirnstamm aufeinander und werden dort auf aufsteigende Nervenbahnen zusammengeschaltet, die die Informationen weiterleiten.“ Das erkläre gut, warum Patienten gleichzeitig Kopfweh und Nackenschmerzen mit Verspannung haben können.
Wenn Nerven in zwei Richtungen reizen
„Zusätzlich wissen wir, dass der Trigeminusnerv, der eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Kopfschmerzen spielt, sowohl Nervenäste zu den Hirnhäuten innerhalb des Schädels abgibt, wie auch in den Bereich des Hinterkopfes und des Nackens“, sagt Dr. Jürgens. Damit lässt sich erklären, warum ein Kopfschmerz entstehen kann, wenn es im Nacken zu einer Reizung von Bindegewebe oder Muskeln kommt – man spricht hier auch von Triggerpunkten. „Denn dieselbe Nervenzelle leitet Reize ja auch in die Hirnhäute und kann dort eine Schmerzwahrnehmung auslösen“, so Dr. Jürgens. „Der umgekehrte Weg, dass eine Reizung der Hirnhäute, zum Beispiel während einer Migräneattacke, zu Nackenbeschwerden führen kann, lässt sich damit ebenfalls begründen.“
Ob nun zuerst das Kopfweh da war oder der Nackenschmerz, ist in vielen Fällen gar nicht feststellbar. „Im Alltag verstärken sich beide Faktoren gegenseitig“, so Dr. Jürgens. „Insofern sind auch beide Seiten relevant und müssen bei den therapeutischen Konzepten berücksichtigt werden.“ Wichtig für eine zielgerichtete Behandlung sei es aber, die Art der Kopfschmerzen genauer zu bestimmen, also ob es sich zum Beispiel um Spannungskopfschmerz oder Migräne handelt.
Im Akutfall hilft ein Schmerzmittel
„In der Akutphase ist die Behandlung mit einem Schmerzmittel meist eine sinnvolle Option“, sagt Dr. Jürgens. Und wenn der Kopfschmerz für eine Empfindlichkeit im Schulter-Nackenbereich sorgt, bewirkt eine Linderung der Kopfschmerzen durch ein Schmerzmittel dann auch, dass Schulter- und Nackenverspannung nachlassen? Dr. Jürgens: „Zunächst ist eine genaue Diagnose wichtig. Grundsätzlich sind die zugrundeliegenden Verschaltungen aber bei allen Patienten gleich, sodass über die jeweiligen Erkrankungen hinweg ein Schmerzmittel nicht nur den Kopfschmerz, sondern auch die Triggerpunkt-Beschwerden einschließlich Muskelverspannung lindert.“ Als schmerzlindernde Wirkstoffe sind Ibuprofen, ASS und Paracetamol in der Apotheke erhältlich, als Mono- und auch als Kombipräparate.
Dr. Stefanie Förderreuther: „Langfristig sind besonders bei hartnäckigen Problemen aber auch nicht-medikamentöse Maßnahmen zur Behandlung erforderlich.“ Die Neurologin empfiehlt aeroben Sport, Entspannungsübungen und Maßnahmen zum Abbau von Stress oder Stressbewältigungsstrategien.