Diabetes-Apps bald auf Rezept
Tritt das geplante „Digitale Versorgung Gesetz“ in Kraft, können Ärzte zukünftig auch Apps auf Rezept verordnen. Zertifizierte Diabetes-Apps gibt es bereits.
Gesetzlich versicherte Diabetiker können sich künftig zertifizierte Diabetes-Apps von ihrem Arzt verschreiben lassen. So sieht es das geplante „Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation“ vor, kurz Digitale Versorgung Gesetz (DVG) genannt. Die Kosten für die Gesundheits-App übernimmt die Krankenkasse. Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf am 10. Juli 2019 beschlossen. Er gilt nicht nur für Diabetiker, sondern für alle Patienten mit einer chronischen Erkrankung.
„Nachdem die App vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf Datensicherheit, Datenschutz und Funktionalität geprüft wurde, wird sie ein Jahr lang vorläufig von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet. In dieser Zeit muss der Hersteller beim BfArM nachweisen, dass seine App die Versorgung der Patienten verbessert. Wie viel Geld der Hersteller erhält, verhandelt er dann selbst mit dem GKV-Spitzenverband“, so das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) auf seiner offiziellen Webseite. Im Übrigen können selbstverständlich auch Krankenkassen nach eigenem Ermessen Apps bezahlen und müssen nicht auf die Entscheidung des BfArM warten.
Acht Diabetes-Apps mit Gütesiegel
Grundsätzlich stehen Patienten und Ärzte gleichermaßen vor der Herausforderung, die auf dem Markt vorhandenen Apps qualitativ einzuordnen. Als Vorreiter gilt hier der Diabetesbereich. Schon seit Mitte 2017 gibt es das Gütesiegel „DiaDigital“, gemeinsam auf den Weg gebracht von der Deutschen Diabetes Gesellschaft, diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe, dem Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland und der Deutschen Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes – unter Federführung der Arbeitsgemeinschaft Diabetes & Technologie.
Mit dem Bochumer Zentrum für Telematik und Telemedizin hat DiaDigital ein Qualitätssiegel für Diabetes-Apps entwickelt, das erstmals den Nutzen der Apps für Behandler, Betroffene und den Hersteller beurteilt. Mittlerweile haben acht Diabetes-Apps das Gütesiegel erlangt.
Betroffene Diabetiker testen die Apps
Weltweit gesehen geht das Angebot von Diabetes-Apps zwar mittlerweile in die Zehntausende. Die Qualität der Apps ist jedoch sehr unterschiedlich, und bislang gab es keinen offiziellen „TÜV“ für solche Anwendungen. Das wird sich mit dem BfArM ändern. Dennoch bleibe DiaDigital Vorreiter bei der qualitativen Beurteilung von Diabetes-Apps, meint Diana Droßel, stellvertretende Vorsitzende von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe: „Das Besondere an DiaDigital ist, dass die Diabetes-Apps von Betroffenen und Behandlern gemeinsam beurteilt werden. Hier wird nicht über den Patienten, sondern mit ihm gesprochen.“
„Die Hersteller sind dankbar, wenn wir ihnen zurückspiegeln, dass ihre App noch Schwächen oder Fehler aufweist“, ergänzt Dr. Matthias Kaltheuner, zusammen mit Diana Droßel Projektleiter von DiaDigital. Die Vergabe des DiaDigital-App-Siegels erfolgt nach einer begleiteten Selbstauskunft des App-Herstellers in folgenden Schritten:
- Der App-Hersteller bewirbt sich um das Siegel und füllt eine Selbstauskunft zu der App aus.
- Das Zentrum für Telematik und Telemedizin (ZTG) in Bochum nimmt eine technische Überprüfung vor, prüft den Datenschutz und erstellt einen Bericht.
- Die Bewertung wird auf der Plattform eingestellt, die registrierten App-Tester – pro Testung mindestens fünf Behandler und fünf Betroffene – werden informiert und können ihre individuelle Bewertung vornehmen.
- In einer gemeinsamen großen Abschlussrunde wird das finale Prüfergebnis mit allen Beteiligten intensiv beraten und konsentiert.
- Die Ergebnisse der Tester werden in einem Fazit zusammengefasst.
Die App wird mit der Selbstauskunft, dem Ergebnis der technischen Überprüfung und dem Fazit im Bereich „Apps mit dem Diadigital-Siegel“ veröffentlicht. Sollte eine App die Kriterien nicht erfüllen, bekommt der Hersteller eine Rückmeldung und erhält die Möglichkeit zur Nachbesserung. Inzwischen haben sich 77 Betroffene und Behandler als App-Tester bei DiaDigital registriert.