Peggy Lukac trotzt dem Krebs
Peggy Lukac ist aktiv wie eh und je: Aktuell dreht die Schauspielerin die vierte Staffel der ARD-Serie „Die Heiland“. Daneben zeigt sie aber noch ganz andere Talente: als Theatergründerin, Regisseurin und Modedesignerin mit eigenem Geschäft. Die humorvolle 73-Jährige lässt sich auf keine Rolle festlegen – und von ihrer Krebserkrankung nicht unterkriegen.
Regelmäßig steht Peggy Lukac in ihrer Schneiderwerkstatt, sortiert die Stoffe und kombiniert sie nach Farben oder Mustern. Meist ungewöhnlich, nie langweilig, aber immer einmalig. „Ich bin ein Trüffelschwein“, beschreibt Peggy Lukac, wie sie Reststoffe vom Flohmarkt, Geschirrtücher der verstorbenen Schwiegermutter, klassische Kimonos aus Japan und Seidensaris aus Indien hortet. Sie sammelt, was andere zur Seite räumen.
Als das Wiederverwenden und Aufwerten scheinbar nutzloser Stoffreste in der Mode noch als Öko-Spinnerei galt, war Peggy Lukac schon mittendrin im "Upcycling". Sie verwandelte Stoffe aus Japan, Afrika und Aserbaidschan mit modisch-frischen Schnitten in auffällige Accessoires. Eigenhändig, mit Schere und Nähmaschine. „Es fing am Film-Set an“, erinnert sie sich. „Ich habe Schals an Kolleginnen verkauft, lauter Einzelstücke, von mir genäht.“ 2012 eröffnete sie in ihrer Wahlheimat Berlin ein Geschäft, in dem sie eigene Kreationen verkauft. Die Sommerkollektion 2022 schneiderte Lukac aus Tischtüchern.
Von New York nach Berlin
In New York als Tochter von Holocaust-Überlebenden geboren, wuchs Peggy Lukac in Wien auf, studierte Theaterwissenschaften und gründete in Berlin das Kollektiv Theatermanufaktur. Sie spielte politisch-historische Stücke, stand später auf etablierten Berliner Bühnen wie Grips-Theater, Freie Volksbühne, Theater am Kurfürstendamm und Schillertheater. Lukac führte auch Regie und leitete 2003 das Theater- und Filmprogramm der Jüdischen Kulturtage. Filmrollen übernahm die Schauspielerin in TV-Reihen wie „Tatort“ und „Bella Block“. 2014 zog Peggy Lukac für drei Jahre nach Lüneburg: In der Telenovela „Rote Rosen“ spielte sie die Tierarzt-Ehefrau Inge Ebinger. In der SAT1-Sketchcomedy „Knallerfrauen“ bewies sie scharfsinnigen Witz, was mit dem Deutschen Comedypreis und dem Deutschen Fernsehpreis belohnt wurde. „Ob 'Bettys Diagnose' oder die Knallerfrauen“, meint Peggy Lukac amüsiert, „es ist ein Glück, in Serien zu spielen, die weitergehen.“
Mutig lebt Peggy Lukac mit dem Krebs
Ihr Humor trägt die Schauspielerin auch privat durchs nicht einfache Leben. „Mein Name ist Lukac und nicht Krebs“, sagt sie, wenn sie nach ihrer Erkrankung gefragt wird. Sie lebt mit dem Krebs, nimmt täglich Tabletten für den Hormonspiegel und braucht deshalb morgens länger, um ihren Körper in Schwung zu bringen – und tut genau das: erst einmal eine Runde spazieren gehen, ehe sie aus dem Berliner Umland zum Film-Set oder nach Charlottenburg in ihren Laden aufbricht.
2010 war ein Tumor in der linken Brust entfernt worden. Nach fünf Jahren gelten Krebserkrankte als geheilt, zur Mammografie werden sie wie andere Frauen alle zwei Jahre eingeladen. Doch Lukac fühlte 2017 den Knoten in der rechten Brust selbst. Nach dem ersten Schock sammelte sie ihre Energie – und terminierte die OP in die zehntägige Pause zwischen zwei Drehphasen von „Herzenssache“. Produzent und Regisseurin waren einverstanden. „Ich wollte meinen Beruf behalten“, erklärt die Schauspielerin. „Die Wunde war verheilt, und schwer heben musste ich nicht.“ Es folgten tägliche Bestrahlung und seitdem die Hormontabletten, die sie müde und antriebslos machen, aber Metastasen verhindern können. Peggy Lukac will sich nicht von der Angst beherrschen lassen. „Mein Krebs liegt in der Pathologie“, sagt sie charmant-flapsig. Ihr Mut, ihr Mann und ihre beiden Söhne nehmen dem Krebs die Macht über ihr Leben.
Nachhaltige Kleidung statt Wegwerfmode
Denn das geht voller Aktivität weiter. Peggy Lukac überzeugt als Karin Heiland, Mutter der blinden Anwältin und Titelheldin – zuerst als verzweifelte verlassene Frau und dann erst recht im lebensfrohen Neustart mit 70 plus. Das gefällt der Schauspielerin, die selbst unverdrossen oft ganz anderes schafft als das, was die Menschen erwarten. Im Modedesign arbeitet sie nicht vom Entwurf zum Stoff, sondern umgekehrt. „Der Zufall ist ein tägliches Geschenk“, sagt Peggy Lukac. Die Ideen für eine meist farbenfrohe Wiederverwendung gehen ihr nicht aus. „Das ist nachhaltig und viel schöner als das, was die Wegwerfmode zu bieten hat“, findet die Designerin.