Erfahrungen mit Meningokokken: Eine Mutter erzählt
„Nur zwei Stunden später wäre es vermutlich zu spät gewesen“: In diesem Interview schildert Birgit Augé ihre Erfahrungen mit Meningokokken. Nur dank des schnellen Beginns der Therapie hat ihre vier Monate alte Tochter eine schwere Meningokokken-Sepsis überlebt.
Eine bakterielle Infektion mit Meningokokken kann für Babys lebensgefährlich sein. Mittlerweile geht es der heute 15-jährigen Tochter von Birgit Augé gut. Sie hatte Glück im Unglück und trug keine Folgeschäden davon. Ihrer Mutter ist es ein Anliegen, über ihre Erfahrungen mit Meningokokken und die Schutzmöglichkeiten vor einer solchen Erkrankung zu sprechen – damit kein Elternteil erleben muss, was sie durchgemacht hat.
Frau Augé, welche Symptome riefen die Meningokokken bei Ihrer Tochter hervor?
Nach einem ganz normalen Tag wurde Leonie in der Nacht plötzlich unruhig, zog ihre Beine an, krampfte und spuckte. Im Krankenhaus sorgte sich die Ärztin, weil es meinem Baby allgemein nicht gut ging, sie gräuliche Lippen hatte und ihre Haut wie marmoriert wirkte. Sowohl das erste als auch das zweite Blutbild ergaben jedoch keinerlei Hinweise. Erst als die Ärztin mich nach roten Pünktchen fragte, gab es eine konkrete Vermutung. Ich hatte sie für einen sommerlichen Hitzeausschlag gehalten, weil sie im Bereich der Windel lagen. Es waren jedoch bereits Einblutungen unter der Haut.
Wie wurde Leonie behandelt?
Leonie bekam sofort ein Antibiotikum – nur zwei Stunden später wäre es vermutlich zu spät gewesen. Im weiteren Verlauf hatte meine Tochter Hauteinblutungen von Kopf bis Fuß und sie erlitt einen septischen Schock mit Herz-Kreislauf-Versagen. Ihre Organe waren auch schon angegriffen. Die Ärzte mussten 24 Stunden um ihr Leben kämpfen. Die eigentliche Diagnose einer Meningokokken-Erkrankung folgte erst später. Wir waren insgesamt 14 Tage im Krankenhaus. Es dauerte mehrere Wochen, bis Leonie sich von der Meningokokken-Sepsis, der Blutvergiftung, erholte. Danach brauchte es noch Jahre, bis ihr Immunsystem wieder so stark war wie das von anderen Kindern.
Wussten Sie, dass es Schutzimpfungen gegen Meningokokken gibt? War Ihre Tochter geimpft?
Ich hatte bis dahin keine Ahnung, dass es Meningokokken gibt und dass sie insbesondere für Babys gefährlich sein können. Als Leonie 2004 mit vier Monaten erkrankte, gab es erst eine Schutzimpfung, die jedoch noch nicht standardmäßig für alle Kinder empfohlen wurde. Sie kam erst zwei Jahre später in den offiziellen Impfkalender. Aber auch die hätte Leonie nicht schützen können, da es mehrere Erregergruppen gibt und die bis heute empfohlene Impfung nur gegen eine davon schützen kann. Meine Tochter erkrankte jedoch an einer anderen Meningokokken-Gruppe.
Wie hat sich Ihr Leben seitdem verändert?
Leonie hat überlebt, darüber waren wir heilfroh. Als wir erfuhren, dass nach Meningokokken-Erkrankungen Hörverlust, Schädigungen des Gehirns, Lernschwächen oder Hautvernarbungen zurückbleiben können oder in manchen Fällen Gliedmaßen amputiert werden, mussten wir dennoch schwer schlucken. Als sich später herausstellte, dass Leonie keine Folgeschäden davongetragen hat, waren wir zusätzlich erleichtert. Heute ist meine Tochter 15 Jahre alt und kerngesund. Ich hätte nicht gedacht, dass sie diese schwere Erkrankung so gut überlebt – geschweige denn so gesund. Ich bin dankbarer geworden, für vieles.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Dass alle Eltern sich bei ihrem Kinder- und Jugendarzt informieren. Heutzutage gibt es Impfungen gegen die fünf häufigsten Meningokokken-Gruppen in Deutschland. Ich bitte wirklich jeden, sein Kind bestmöglich schützen zu lassen. Weil diese Erkrankung, so selten sie auch sein mag, so schwere Folgen bis hin zum Tod haben kann.
Aktuelle Studie: Impfstatus des eigenen Kindes ist häufig unklar
Von Meningokokken-Erkrankungen besonders häufig betroffen sind Babys und Kleinkinder, weil ihr Immunsystem noch nicht vollständig ausgereift ist. Impfungen können schützen. Eine aktuelle Studie zeigt jedoch, dass viele Eltern den Impfstatus ihrer eigenen Kinder nicht genau kennen. Einem Großteil ist außerdem nicht bewusst, dass es unterschiedliche Meningokokken-Gruppen gibt. Eltern sollten ihren Kinder- und Jugendarzt frühzeitig auf die Schutzimpfungen gegen Meningokokken ansprechen und sich vorab informieren, zum Beispiel unter www.meningitis-bewegt.de.