Welt-Hämophilie-Tag 2023: „Zugang zu Prävention für alle“

Am Welt-Hämophilie-Tag geht es darum, Aufmerksamkeit für die unheilbare Erkrankung zu schaffen.
Dr. Escuriola-Ettingshausen, Expertin für Hämophilie/Foto: Screenshot Video

Der Welt-Hämophilie-Tag steht in diesem Jahr unter dem Motto „Access for All: Prevention of bleeds as the global standard of care“. Dahinter steht das Bestreben, Blutungen bei Menschen mit Hämophilie durch vorbeugende Maßnahmen weltweit zu verhindern. Das bedeutet nicht nur mehr Lebensqualität für die allein in Deutschland an Hämophilie Erkrankten, sondern auch weniger Gelenkschäden, mehr Normalität im Alltag, weniger Schmerzen und mehr Aktivität.

Noch weit bis ins 20. Jahrhundert bedeutete die Diagnose für Betroffene eine deutlich verkürzte Lebenserwartung. Auch heute ist Hämophilie nicht vollständig heilbar. Doch es gibt Möglichkeiten, die Erkrankung direkt mit der Diagnose – auch im Säuglingsalter – durch moderne Therapien zu behandeln.

Hämophilie ist nicht heilbar

Besonders innere, spontane Blutungen stellen für die fast ausschließlich männlichen Patienten ein hohes Risiko dar. Hämophilie B-Patienten leiden an einem genetisch bedingten Faktor IX-Mangel. Hämophilie A-Patienten an einem genetisch bedingten Faktor VIII-Mangel. "Häufig sind innere Blutungen in die Organe, vor allem in die Gelenke und die Muskulatur, was über die Jahre zu Gelenkveränderungen bis hin zur Behinderung führen kann,“ sagt Dr. Carmen Escuriola-Ettingshausen, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin im Hämophiliezentrum Rhein-Main.

Das Ziel: Prävention und Therapiezugang für jeden Erkrankten

Regelmäßige Prophylaxe kann Blutungen und damit einhergehenden Schädigungen jedoch entgegenwirken. Seit Mitte der 1960er existieren Faktorkonzentrate, die den fehlenden Faktor ersetzen. Eine mehrmals wöchentliche, intravenöse Verabreichung des Blutgerinnungsfaktors kann eine Herausforderung besonders für Kinder und Eltern sowie Patienten mit Spritzenphobien oder schlechten Venenverhältnissen darstellen und bedeutet eine einschneidende Routine im Alltag. Inzwischen existieren für Patienten mit schwerer und mittelschwerer Hämophilie A modernere, auch Nicht-Faktor-basierte Therapien. Durch verlängerte, konstante Wirkspiegel sind die Betroffenen noch besser geschützt. „Das Ziel muss sein, Blutungen möglichst immer zu vermeiden, damit ein Kind seine Welt erkunden kann, und die Familie die Sicherheit gewinnt, dem Kind diese Freiheit zu ermöglichen“, so Dr. Escuriola-Ettingshausen.

Auch Felix Stein, ein Elfjähriger mit schwerer Hämophilie A, kann inzwischen ein fast unbeschwertes Leben führen. Obwohl sein Start ins Leben von Schmerzen überschattet war. Felix war acht Monate alt und entwickelte Hämatome am Bauch. In der Uniklinik wurde festgestellt, dass Felix an der schweren Hämophilie A leidet. Doch, so Dr. Escuriola-Ettingshausen: „Mit modernen Therapien haben Betroffene die Möglichkeit, ihren Alltag
entspannter zu erleben, ohne an mehrmals wöchentliche Injektionen denken zu müssen.“

Unterstützung durch andere Betroffene

Für Familie Stein war auch die Unterstützung durch andere Betroffene sehr wichtig. Hilfe bieten Vereine wie die Interessengemeinschaft Hämophiler e. V. oder Plattformen wie die des SaniCourage e.V.

Dr. Ellis Huber, Arzt, Gesundheitspolitiker und Mitglied des Vereins, sagt: „Betroffene haben das Erlebnis: Wir sind mit unseren Sorgen und Nöten, aber auch mit unserer Tapferkeit, nicht allein.“ Die Website www.mutmachseiten.de vernetzt daher Selbsthilfegruppen und Patient(inn)en und vermittelt auch Kontakte zu Ärzt(inn)en. Die moderne Wissenschaft hat mit innovativen Behandlungen das Leben von hämophilen Kindern und ihren Familien sehr viel leichter gemacht. Und es wird weiter geforscht, um Menschen mit dieser seltenen Blutkrankheit ein weitgehend normales Leben zu ermöglichen.

Sehen Sie hier ein Video mit Familie Stein und Dr. Escuriola-Ettingshausen mit wertvollen Informationen zum Alltag und zur Behandlung.