Was hilft beim Reizdarmsyndrom?

Reizdarmsyndrom
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Stress im Bauch: Wo kommt ein Reizdarm her, und wie werde ich ihn wieder los? Wird das Nervensystem im Bauch zu aktiv, kann dies bei den Betroffenen zu Stuhldrang, Durchfall, Verstopfung, Bauchschmerzen und Darmkrämpfen führen. Mediziner sprechen vom Reizdarmsyndrom.

Der Reizdarm wurde lange Zeit von etlichen Ärzten als reine Einbildung abgetan. Denn bei der Untersuchung des Darms konnte häufig keine Veränderung oder Entzündung gefunden werden. Heute weiß man, dass den Betroffenen mit dieser Einschätzung Unrecht getan wurde. Inzwischen sind mehrere Auslöser für ein Reizdarmsyndrom bekannt - wie etwa länger andauernde Infektionen oder eine intensive Behandlung mit Antibiotika.

Sehr häufig beruht ein Reizdarm jedoch auf anhaltendem Stress. Das wiederum erklärt, dass so viele Menschen darunter leiden. Der Prozentsatz der Betroffenen, deren Lebensqualität durch die typischen Beschwerden (Darmkrämpfe, Blähungen, wässrige Durchfälle, Verstopfung) erheblich eingeschränkt ist, steigt stetig an. Schon ein bisschen Zuviel an Alkohol, ein opulentes Essen oder eine vom Alltag abweichende Ernährung kann die genannten Symptome auslösen. Bei manchen Personen ist der Leidensdruck so hoch, dass sie alle Orte meiden, an denen keine schnell erreichbare Toilette zur Verfügung steht.

Das Reizdarmsyndrom - eine Überreaktion des Bauchhirns?

Das sogenannte Bauchhirn im Darm besteht aus mehr als 100 Millionen Nervenzellen. Sie reagieren sehr sensibel auf Emotionen, sorgen bei Verliebten für die „Schmetterlinge im Bauch" - aber auch für Unwohlsein, wenn Sorgen und Nöte sprichwörtlich Bauchschmerzen bereiten. Das Bauchhirn schickt dann Impulse an das Gehirn und reagiert gleichzeitig auf solche, die von „oben" kommen. Bei Stress erreichen widersprüchliche Informationen das Darmnervensystem, das dadurch leichter erregbar wird und in der Folge auf alltägliche Reize überreagiert. Zugleich sinkt seine Schmerzschwelle, und normale Verdauungsvorgänge können plötzlich wehtun. Das wiederum erhöht die psychische Belastung, ein Teufelskreis entsteht.

Das Reizdarmsyndrom individuell behandeln

Einen allgemeingültigen Ansatz für die Behandlung des Reizdarmsyndroms gibt es nicht. Die Therapie sollte sich nach der vorherrschenden Symptomatik richten. Viele Betroffene kennen ihren Körper genau und wissen recht gut, was ihnen schadet und was nicht. Vorrangige Aufgabe des Arztes ist es, gemeinsam mit dem Patienten die optimale Behandlungsstrategie zu entwickeln. „Im Allgemeinen empfehle ich, Stress aktiv abzubauen, zum Beispiel durch regelmäßige Bewegung, Yoga, Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung", sagt Dr. Christof Pfundstein, Gastroenterologe aus München. Von derartigen Stressbewältigungsmaßnahmen in Verbindung mit Strategien zum Selbst-, Zeit- und Konfliktmanagement können Reizdarm-Patienten sehr profitieren. Regelmäßiges Ausdauertraining wie Schwimmen, Joggen, Wandern oder Radfahren trägt dazu bei, Verstopfungen oder Blähungen zu reduzieren.

Unklar ist, inwieweit Ernährungsfaktoren bei der Entstehung des Reizdarmsyndroms eine Rolle spielen. Bekannt ist jedoch, dass Nahrungsmittelunverträglichkeiten bei Reizdarm-Patienten häufig vorkommen - Auslöser sind vor allem Laktose, Fruktose und Gluten. Ein gezieltes Meiden entsprechender Lebensmittel kann zur deutlichen Besserung der Symptome beitragen. Darüber hinaus sind kohlenhydratreiche und fette Speisen verbreitete Auslöser der belastenden Beschwerden. Da ein kompletter Verzicht auf viele dieser Leckerbissen für die meisten Erkrankten nur schwer möglich ist, gilt es, die Speisen und deren Menge mit Bedacht auszuwählen. Parallel kann die Unterstützung durch geeignete Probiotika oder Ballaststoffe den Darm stabilisieren und verhindern, dass kleine „Essenssünden" sofort unangenehme Folgen hervorrufen.

Probiotika in den Leitlinien

Zur medikamentösen Behandlung beim Reizdarm zählen sowohl Optionen, die sich spezifisch gegen die vorherrschenden Symptome richten, als auch Mittel, die allgemein gesundheitsfördernde Wirkungen auf den Darm entfalten - dazu gehören die sogenannten Probiotika. Laut Definition sind Probiotika lebende Mikroorganismen, die in ausreichenden Mengen verabreicht einen gesundheitlichen Nutzen für den Wirtsorganismus bewirken. Aus dem Wissen um ihre Wirksamkeit wurden Probiotika bereits 2011 in die Leitlinien zur Behandlung des Reizdarmsyndroms aufgenommen  Allerdings sind Probiotika keine „Allrounder": Jeder probiotische Stamm hat andere besondere Eigenschaften und Fähigkeiten. Voraussetzung für eine gesundheitsfördernde Wirkung ist, dass genügend Bakterien die Passage durch Magen und Dünndarm überstehen und sich gegen die im Dickdarm vorherrschenden Bakterien durchsetzen. Für die Wirksamkeit spielt die gezielte Auswahl der Bakterienstämme, deren Dosierung sowie der gleichzeitige Zusatz von speziellen Ballaststoffen eine entscheidende Rolle.