Rückenschmerzen behandeln – durch bewusste Atmung
Wer kennt das nicht: Die Lendenwirbelsäule tut weh und fühlt sich steif an, meist nach einem langen Tag im Büro oder einer Autofahrt. Georg Bretzel, Osteopath und Heilpraktiker in München, hat Tipps, wie Sie auch mithilfe von Atemübungen Ihre Rückenschmerzen behandeln können.
Über 80 Prozent der Bevölkerung bekommen Schätzungen zufolge im Laufe ihres Lebens Schmerzen in der Lendenwirbelsäule. Und nicht nur das: Tiefsitzende Rückenschmerzen sind ein sehr häufiger Grund für Ausfälle am Arbeitsplatz. Kein Wunder, erhöht doch gerade das ständige Sitzen den Druck in der unteren Wirbelsäule im Vergleich zum Stehen stark. Deshalb ist es wichtig, vorzubeugen – und auftretende Rückenschmerzen behandeln zu lassen.
Die Wirbelsäule braucht einen harmonischen Aufbau, um gesund zu bleiben. Dazu gehört die physiologische Krümmung von Lenden-, Brust- und Halswirbelsäule. Und dazu natürlich noch stabilisierende und gesunde Facettengelenke, ein muskuläres Gleichgewicht und freie Bandstrukturen. An all diesen wichtigen Komponenten lässt sich mit osteopathischer Therapie gut arbeiten, und gerade die nicht-pharmakologischen Therapien sind auf Dauer sehr zu empfehlen, wenn wir Rückenschmerzen behandeln.
Gezieltes Training der tiefliegenden Muskulatur
Aber ein ergänzendes Training ist notwendig und kann im Akutfall bis zur Behandlung auch schon unterstützen. Gerade die tiefliegenden Muskeln stabilisieren ein dynamisches Gleichgewicht, ein aktiver muskulärer Core (Körperkern) – vereinfacht ausgedrückt die stabilisierenden Muskeln zwischen Becken und Brustkorb – stützt bei dynamischen Bewegungen. Dazu gehört unter anderem ein Muskel der innersten Bauchmuskulatur: der Musculus transversus abdominis. Er arbeitet zusammen mit kleinen Muskeln zwischen den Wirbeln – den Musculi mutifidi – an der segmentalen Stabilität der Wirbelsäule und der richtigen Verspannung der Gelenke.
Es konnte gezeigt werden, dass die Aktivierung des Musculus transversus abdominis eine Mitaktivierung der Musculi mutifidi zur Folge hat und so zu einem verringerten Schmerz und einer symmetrischeren Haltung während des Laufens beiträgt.
Wie Sie Rückenschmerzen behandeln, indem Sie den Musculus transversus abdominis aktivieren
Vereinfacht gesagt liegt dieser Muskel zwischen Rippen und Becken wie ein Gürtel um den gesamten Rumpf. Der Musculus transversus abdominis kann tatsächlich vor allem über die Atmung angesteuert und aktiviert werden. Die Aktivierung gelingt ganz einfach:
- Legen Sie sich bequem auf den Boden.
- Atmen Sie in den Bauch ein und die Luft vollständig aus.
- Mit der Ausatmung der gesamten Luft saugen Sie den Bauchnabel nach hinten oben Richtung Wirbelsäule. Sie ziehen also mit der Muskulatur den Nabel nach innen.
Dabei bleibt die Pomuskulatur entspannt, und Sie verändern die Position der Wirbelsäule nicht, krümmen sich also nicht zusammen oder drücken den unteren Rücken Richtung Boden.
Diese Muskel-Aktivierung kann eingebettet werden in eine spezielle Übung, die Georg Bretzel seinen Patienten zeigt, damit sie auch selbst ihre Rückenschmerzen behandeln können. Die Übung aktiviert die gesamte Zwischenrippenmuskulatur. Sie arbeiten damit gleichzeitig an der Aufrichtung Ihrer Wirbelsäule und schaffen es vielleicht sogar, blockierte Wirbelgelenke selbst zu lösen:
- Sie legen sich bequem auf den Boden.
- Falls Sie etwas zu weit im Hohlkreuz liegen, ziehen Sie das Schambein Richtung Bauchnabel nach oben.
- Ziehen dann das Kinn ein wenig Richtung Doppelkinn, falls Ihre Halswirbelsäule nun stark nach hinten gekrümmt ist.
- Legen Sie die Arme mit den Handflächen nach oben neben dem Körper ab. Schieben Sie die Arme langsam Richtung Ohren und gegebenenfalls am Boden entlang darüber hinaus, bis Sie eine leichte Dehnung in der Brustwirbelsäule spüren.
- Falls Sie nun wieder etwas ins Hohlkreuz gefallen sind oder die Kopfposition locker gelassen haben, korrigieren Sie das mit Schritt 2 und 3 erneut.
- Nun aktivieren Sie in dieser Position wie oben beschrieben den Musculus transversus abdominis.
- Atmen Sie dann mit aktiviertem Musculus transversus abdominis ein. Sie werden merken, dass Sie nun nur noch in die Brust einatmen können und spüren, wie sich der Brustkorb in alle Richtungen schön dehnt.
- In der Fülle halten Sie kurz die Dehnung und atmen dann wieder aus.
Spüren Sie anschließend nach, wie gut Sie nun in den Brustkorb einatmen können und wie frei sich die Brustwirbelsäule anfühlt. Danach können Sie sich die Übung wieder in Ruhe genauso aufbauen und etwa 10 bis 20 Mal wiederholen, solange sie sich gut und schmerzfrei anfühlt.
Wann sollten Sie diese Übung nicht machen?
Unter anderem nach einer Operation im Bauchraum, insbesondere nach einer Leistenbruch-Operation oder bei Rektusdiastase (Auseinanderdriften der Bauchmuskeln). Ansonsten nutzen Sie mit der obigen Übung einen Muskel nur in seiner vorhergesehenen Funktion, können also nichts falsch machen.