Fibromyalgie: Das rätselhafte Leiden
Wenn Muskel- und Gelenkschmerzen dauerhaft den Tag und die Nacht beherrschen, wird es Zeit, die Ursache zu ergründen. Eine genaue Schilderung der Symptome kann zur ärztlichen Diagnose Fibromyalgie führen.
Menschen mit Fibromyalgie leiden enorm. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Erkrankung vielfach erst sehr spät erkannt wird. Wer unter anhaltenden Muskel- und Gelenkschmerzen in unterschiedlichen Körperregionen leidet, sollte daher frühzeitig das Gespräch mit der Hausärztin bzw. dem Hausarzt suchen. Das Fibromyalgie Syndrom ist eine chronische Muskelverspannung im Rücken, an den Armen oder Beinen. Fast immer ist bei dieser Schmerzerkrankung die Wirbelsäule betroffen.
Schätzungsweise 3 von 100 Menschen in Deutschland leiden unter Fibromyalgie. Vor allem Frauen sind betroffen. Meist erkranken sie im Alter zwischen 40 und 60 Jahren. Erst über Monate kristallisiert sich das Krankheitsbild heraus. Es beeinträchtigt die Lebensqualität durch den Dauerschmerz erheblich. Die Lebenserwartung wird aber zum Glück nicht verkürzt.
Diagnose durch Ausschluss anderer Erkrankungen
Forschung und behandelnde Ärzte und Ärztinnen arbeiten Hand in Hand, doch die Diagnose ist nicht einfach. Die Schmerzen kommen unspezifisch daher, sie lassen sich schwer eingrenzen. Oft müssen außerdem zunächst andere Erkrankungen ausgeschlossen werden, wie zum Beispiel Rheuma. Hausärztinnen und -ärzte sollten daher das Fachwissen anderer Disziplinen wie der Neurologie, Schmerzmedizin und Rheumatologie einbeziehen. Deshalb arbeiten in universitären Forschungsgruppen unterschiedliche Fachbereiche an der Fibromyalgie.
Die medizinische Fibromyalgie-Forschung ist in den USA wie in Deutschland im Fluss, aber viele Antworten liegen noch im Dunkeln. Oft lassen sich Ergebnisse nur für Teilgruppen nachweisen. So werden zum Beispiel immer wieder Faktoren der Vererbung untersucht. In manchen Familien tritt die Erkrankung gehäuft auf. Unklar bleibt, ob Kinder sich Verhaltensweisen, die eine Fibromyalgie fördern könnten, von ihren Eltern abschauen, oder ob tatsächlich genetische Ursachen eine Rolle spielen.
Fibromyalgie stört die schmerzleitenden Nervenfasern
Schon vor acht Jahren wies die Universität Würzburg bei einigen Menschen mit Fibromyalgie eine Störung der schmerzleitenden Nervenfasern nach. Diese biologische Veränderung, die unter anderem die Nervenfaserdichte in der Haut betrifft, ist zum Beispiel auch als Langzeitfolge eines Diabetes bekannt. Neben einer reduzierten Sensibilität kann diese „Small-Fiber-Pathologie“ genannte Veränderung auch zu Missempfindungen und übersteigerter Schmerzwahrnehmung führen.
In Florida wurden bei 22 Frauen mit Fibromyalgie über 1.000 Abbauprodukte aus der Umwelt im Blut bestimmt. Im Vergleich zu gesunden Frauen ergaben die Werte relevante Unterschiede. Um entscheidende Umweltfaktoren zu identifizieren, müssten jetzt Betroffene in unterschiedlichen Regionen der Welt auf solche Abbauprodukte untersucht werden. Ebenfalls in Florida fanden Forscher heraus, dass Fibromyalgie die Empfindlichkeit des Gehörs erhöht. Betroffene nahmen Töne und Geräusche unangenehm verstärkt wahr. Möglicherweise verändert die Erkrankung die Arbeit der Sinnesorgane.
Körperliche Aktivität lindert den Schmerz
Neben der Ursachenforschung beschäftigen sich Wissenschaftlerinnen und Therapeuten natürlich auch mit der Behandlung. Denn die Begleiterscheinungen wie psychische Belastung, Müdigkeit, Schlafstörungen oder depressive Verstimmungen lassen Lebenslust und Lebensqualität sinken. An den Universitäten Freiburg und Marburg haben Forschende ein Training entwickelt, das darauf abzielt, Schmerzreize per Strom zu setzen, um die Schmerzwahrnehmung zu normalisieren. Ansatzpunkte des SET genannten Verfahrens sind die Drucksinneskörperchen in der Halsschlagader. Sie reagieren bei Menschen mit Fibromyalgie schneller auf Stress und erhöhen den Blutdruck stärker als bei gesunden Menschen.
Unter den Fachleuten besteht weitgehende Einigkeit in der Überzeugung, dass körperliche Aktivität die Beschwerden bei Fibromyalgie lindert. Ausdauer- oder Krafttraining, Gymnastik oder Stretching werden etwa mit einer Wärmetherapie kombiniert. Auch psychotherapeutische Verfahren wie unter anderem die kognitive Verhaltenstherapie können hilfreich sein.