Amyloidose: „Verstopfung“ der Organe
Bei Amyloidose kommt es zu Eiweißablagerungen in verschiedenen Organen. Die Symptome können sehr unterschiedlich sein – das erschwert die Diagnose.
Die Bezeichnung Amyloidose steht für eine Reihe ganz unterschiedlicher Erkrankungen, bei denen sich abnorm veränderte Eiweißmoleküle (Amyloide) in den Zellzwischenräumen des Körpergewebes ansammeln. Im Blut befinden sich verschiedene Eiweiße: Sie dienen unter anderem der Immunabwehr und als Speicher- oder Transportmittel. Die faserartige Struktur der entarteten Amyloide bewirkt, dass sich diese Eiweißmoleküle nicht im Blut lösen, sondern an verschiedenen Stellen im Körper absetzen.
Durch die zunehmende “Verstopfung” des Gewebes vergrößern oder verhärten sich die betroffenen Organe und können ihre Funktion immer schlechter ausüben. Eine Amyloidose kann vererbt oder durch chronische Entzündungen ausgelöst werden.
Primäre Amyloidose
Die primäre Amyloidose beruht auf einer seltenen Störung in den Plasmazellen im Rückenmark. Diese stellen normalerweise Antikörper für die Immunabwehr her, die nach getaner Arbeit wieder zerlegt werden. Aufgrund der Störung produzieren die Plasmazellen abnorme Antikörper, die der Organismus nicht abbauen kann. Sie häufen sich daher im Blutkreislauf an, lagern sich schließlich in Gewebe und Organen ab. Die Ablagerungen bestehen bei diesem Amyloidose-Typ aus so genannten Leichtketten-Immunglobulinen.
Die Krankheit wird auffällig, wenn die Ablagerungen in einem oder mehreren Organen zu Funktionsstörungen führen. Häufig sind das Herz, die Nieren, das Nervensystem und der Verdauungstrakt betroffen, die ihre lebensnotwendigen Aufgaben immer schlechter erfüllen können. Mögliche unspezifische Symptome reichen von Herzrhythmusstörungen, einer Wasseransammlung in Rippenfell oder Beinen, schäumendem Urin, Durchfall oder Verstopfung, Taubheitsgefühl in den Füßen, vergrößerter Zunge, Lymphknotenschwellung bis zu verstärkter Blutungsneigung und Muskelschwäche.
Behandelt wird die zugrunde liegende Erkrankung der Plasmazellen durch eine Chemotherapie, meist in Kombination mit Kortison. Die Intensität der Chemotherapie richtet sich nach dem Alter des Patienten und seinem Allgemeinzustand.
Sekundäre Amyloidose
Sekundäre Amyloidosen treten am häufigsten auf. Sie werden durch chronische bakterielle Infekte, chronische Entzündungen oder Autoimmunerkrankungen wie zum Beispiel Rheuma ausgelöst. Man nimmt an, dass die dauernde Reizung des Immunsystems zur Überproduktion von bestimmten Eiweißen (Proteinen) führt. Bei diesem Krankheitstyp bestehen die Ablagerungen aus einem Eiweißstoff mit der Bezeichnung “Protein AA”.
Befallen sind meistens die Niere, Leber und Milz und immer der Magen-Darm-Trakt. Für den Behandlungserfolg ist eine frühzeitige Diagnose und dauerhafte Unterdrückung der krankheitsspezifischen Entzündungen entscheidend, um Organschäden zu verhindern.
Die familiäre Variante wird vererbt
Die familiäre Amyloidose ist eine sehr seltene Form der Krankheit, die vererbt wird. Männer und Frauen, die an dieser Krankheit leiden, geben sie mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit an ihre Kinder weiter. Die Eiweiß-Ablagerungen bestehen bei diesem Krankheitstyp aus dem strukturveränderten Transthyretin-Protein, das normalerweise als Transportmittel für Vitamin A und das Schilddrüsenhormon Thyroxin dient. Das abnorme Protein lagert sich in verschiedenen Organen ab und behindert deren Funktion – zu Beginn ist meist ein Organ bevorzugt betroffen.
Zurzeit gibt es noch keine wirksamen Medikamente gegen die familiäre Amyloidose. Als ursächliche Behandlung kommt nur eine Lebertransplantation in Betracht: Die gesunde Spenderleber bildet normale Proteine, die krankhaften Eiweißablagerungen kommen zum Stillstand. Allerdings muss die Transplantation frühzeitig erfolgen, im fortgeschrittenen Stadium ist sie nicht mehr möglich. Hoffnung besteht durch die Entwicklung neuer gentechnischer Therapien.
Tipp: Im Amyloidose-Zentrum des Universitätsklinikums Heidelberg finden Sie kompetente Ansprechpartner für diese seltene Erkrankung.