Wenn Herzklappen dringend Hilfe brauchen

Manchmal müssen Herzklappen operiert werden

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Damit das Herz kräftig pumpen kann, müssen alle vier Herzklappen richtig funktionieren. Sie wirken wie Ventile und verhindern, dass das Blut in die falsche Richtung fließt. Schließt eine Klappe nicht mehr vollständig, war zur Reparatur bisher oft ein Eingriff am offenen Herzen nötig. Neue Verfahren nutzen einen Herzkatheter – um ihn einzuführen, genügt ein kleiner Schnitt in der Leiste.

Unser Herz hat zwei Hälften: Die rechte Hälfte pumpt das Blut in die Lunge, die linke Hälfte pumpt es in den Kreislauf. Jede Herzhälfte besteht aus Vorhof und Kammer und besitzt zwei Herzklappen. Links befinden sich die Aorten- und die Mitralklappe, rechts die Pulmonal- und die Trikuspidalklappe. Insbesondere offene Herzoperationen an der Mitral- und der Trikuspidalklappe sind kompliziert und für den Patienten oft riskant. Im Vergleich zur Aortenklappe werden diese beiden Herzklappen deswegen weitaus seltener behandelt.

Die Mitralklappe verbindet den linken Vorhof und die linke Herzkammer, die Trikuspidalklappe liegt zwischen rechtem Vorhof und rechter Herzkammer. Indem sie sich im passenden Moment öffnen oder schließen, sorgen diese beiden Klappen dafür, dass das Blut immer nur vom Vorhof in die Herzkammer fließt – und nicht wieder zurück.

Wenn die Herzklappen nicht mehr richtig schließen

Das ausgeklügelte Zusammenspiel zwischen Herzschlag und Herzklappen funktioniert allerdings nicht immer reibungslos. Sowohl angeborene Fehlbildungen als auch Infekte oder Alterserscheinungen können die Funktion der Mitral- und Trikuspidalklappe beinträchtigen. Die beiden wichtigsten Erkrankungen dieser Klappen heißen Stenose und Insuffizienz. Bei der Stenose ist die Öffnung der Klappe verengt – die jeweilige Herzkammer wird daher nicht mehr ausreichend mit Blut gefüllt. Bei der Insuffizienz schließt die Klappe nicht mehr vollständig, der Blutfluss ist gestört.

Rund eine Million Menschen in Deutschland leiden an einer behandlungsbedürftigen Insuffizienz der Mitralklappe. Sie ist vor allem eine Alterserscheinung, rund 10 Prozent der über 75-Jährigen sind betroffen. Auch die Trikuspidalklappeninsuffizienz kommt nicht selten vor. Etwa jeder Fünfte über 70 ist zumindest von einer leichten Form dieser Erkrankung betroffen.

Kurzatmigkeit und Erschöpfung sind Warnsignale

Folgende Symptome sind typisch für eine Mitral- oder Trikuspidalklappeninsuffizienz:

  • allgemeine Erschöpfung
  • Gewichtszunahme
  • Oberbauchschmerzen
  • Leber- und Halsvenenstauungen
  • Ödeme an den Gliedmaßen
  • Wasseransammlungen in der Bauchhöhle

Eine Herzklappeninsuffizienz entwickelt sich meist schleichend mit zunächst wenig ausgeprägten, unspezifischen Symptomen. Die Erkrankung wird deshalb oft spät bemerkt. Bleibt sie unbehandelt und entwickelt sich ein schwerer Verlauf, können Komplikationen wie Vorhofflimmern, Lungenhochdruck oder Herzversagen entstehen. Bei fehlender Therapie sind tödliche Verläufe keine Seltenheit. Bei einer schweren Insuffizienz der Trikuspidalklappe beträgt die Sterblichkeit nach einem Jahr 36 Prozent.

Medikamente reichen oft nicht aus

Wer erste Anzeichen wie Kurzatmigkeit speziell bei körperlicher Belastung verspürt, sollte diese unbedingt von einem Arzt abklären lassen. Mit Hilfe eines Stethoskops kann er typische Herzgeräusche feststellen, die durch den Rückfluss des Blutes entstehen. Ein EKG sichert zusätzlich die Diagnose. Bei der Therapie einer insuffizienten Mitral- oder Trikuspidalklappe gibt es verschiedene Möglichkeiten. Leichte Verläufe lassen sich mit Medikamenten behandeln. Die Arzneimittel können zwar das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen – sie lindern allerdings lediglich die Symptome und behandeln nicht deren Ursache.

Bei schweren Erkrankungen der Mitral- und Trikuspidalklappe ist ein chirurgischer Eingriff die Behandlungsmethode der Wahl. Bei einem Herzklappenersatz wird die beschädigte Klappe entfernt und durch eine Prothese ersetzt. Die Operation wird am offenen Herzen durchgeführt. Auch zur Reparatur einer defekten Herzklappe musste bisher der Brustkorb meistens geöffnet werden.

Schonende Operation mit Herzkatheter

Doch längst nicht alle Herzpatienten sind für einen Eingriff am offenen Herzen stabil genug. Sowohl Vorerkrankungen als auch das Alter der Patienten sprechen bei rund 50 Prozent der Erkrankten gegen einen solchen Eingriff. Diesen Patienten kann durch weniger invasive Eingriffe geholfen werden, bei denen der Brustkorb des Patienten nicht geöffnet werden muss. Eine solche Möglichkeit bietet die Katheterbehandlung: Die schonende Methode ermöglicht nicht nur einer größeren Gruppe von Patienten eine Herzklappenoperation, sondern bedeutet auch, dass die Patienten weniger Tage im Krankenhaus verbringen und schneller wieder in ihr normales Leben zurückkehren.

Seit kurzem stehen auch für die Reparatur einer defekten Mitral- oder Trikuspidalklappe minimal-invasive, kathetergestützte Verfahren zur Verfügung, die es ermöglichen, deutlich mehr Patienten ohne eine Operation am offenen Herzen zu behandeln. Ein Beispiel für diese Therapiemethode ist das Pascal-System. Dabei wird über einen kleinen Schnitt in der Leiste ein Katheter durch eine Vene zum Herzen geführt. Hat dieser die exakte Position erreicht, erfolgt durch die Implantation eines Platzhalters die Reparatur der Mitral- oder Trikuspidalklappe. Der Platzhalter füllt die undichte Stelle aus und reduziert dadurch die Menge des zurückfließenden Blutes. Im Unterschied zu einer großen OP schlägt das Herz während der Behandlung die ganze Zeit weiter, und es sind keine Einschnitte im Brustbereich notwendig. Ob ein Patient für diesen Eingriff in Frage kommt oder ob eine große Herzoperation nötig ist, entscheidet ein Team aus Kardiologen, Kardiochirurgen und Anästhesisten. Ausschlaggebend ist neben den wissenschaftlichen Leitlinien auch das individuelle Risikoprofil des Patienten.