Feiern mit Diabetes? Aber sicher!

Beim Feiern mit Diabetes darauf achten, einer Unterzuckerung vorzubeugen.
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Bei Open-Air-Festivals und Sommerfesten wollen auch junge Menschen mit Diabetes dabei sein. Doch für sie sind Partynächte mit vielen Fragen verbunden: Was tun bei Unterzuckerung? Wie wirkt Alkohol auf den Blutzucker? Und was muss beim Sex beachtet werden? Wer gut informiert ist, kann die Risiken beim Feiern mit Diabetes kontrollieren.

Jugendliche mit Diabetes wollen genauso am Leben teilnehmen wie andere Gleichaltrige. Dazu gehören natürlich auch Partys, Alkohol und Sexualität. „Viele jüngere Menschen mit Diabetes verunsichert ihre Erkrankung jedoch, da sie nicht wissen, wie sie im Nachtleben oder auf Festivals mit möglichen Komplikationen umgehen sollen“, sagt Yvonne Häusler, Diabetesberaterin bei den DRK Kliniken Berlin. In ärztlichen Gesprächen oder im Elternhaus fänden sie häufig keine passende Anlaufstelle, so das Vorstandsmitglied im Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e. V. (VDBD).

Die jungen Menschen selbst hätten oft auch Hemmungen, das Thema Feiern mit Diabetes proaktiv anzusprechen. Hier kann die Diabetesberatung helfen: Sie sei ein geschützter Rahmen, betont Häusler, in dem sich junge Menschen öffnen können.

Wie Alkohol wirkt, ist kaum berechenbar

Bei Menschen mit Diabetes kann Alkohol zu starken Blutzuckerschwankungen führen: Je nach Getränk und Menge steigt der Blutzuckerwert deutlich an oder fällt gefährlich ab. Besonders riskant ist Alkohol in Kombination mit Insulin oder bestimmten Tabletten: Hier droht eine Unterzuckerung, da Alkohol die Zuckerfreisetzung der Leber hemmt. Gleichzeitig enthalten viele alkoholische Getränke große Mengen Zucker.

Deshalb gilt beim Feiern mit Diabetes: Alkohol maßvoll genießen, immer mit einer Mahlzeit kombinieren und den Zuckerwert regelmäßig kontrollieren. Viel Bewegung wie etwa ausdauerndes Tanzen und auch wenig Schlaf erhöhen die Gefahr für gefährliche Unterzuckerungen.

Keine Party ohne Notfall-Kit

Gute Vorbereitung schützt: Vor dem Event sollten Menschen mit Diabetes zur Sicherheit einen leicht erhöhten Blutzuckerwert anstreben, der bei etwa 150 bis 180 mg/dl liegt. Diesen gilt es regelmäßig zu überprüfen. „Bei Jugendlichen, die noch wenig Erfahrung im Umgang mit ihrem Diabetes haben, ist die Gefahr für gefährliche Stoffwechselentgleisungen besonders groß“, betont Häusler. Sie rät daher, niemals ohne Notfall-Kit auf eine Party zu gehen. Dazu gehören schnell wirkende Kohlenhydrate wie Traubenzucker oder Fruchtsaft, bestenfalls ein Glukagon-Notfallset und ein Hinweis auf die Erkrankung – etwa in Form eines Armbands oder einer Notfallkarte im Handy.

Eine Einschränkung gibt es allerdings: Das Glukagon-Notfallset ist unter Alkoholeinfluss nicht zuverlässig wirksam, denn bei starkem Alkoholkonsum kann die Leber in ihrer Funktion beeinträchtigt sein – insbesondere in der Fähigkeit, Zucker (Glukose) aus ihren Reserven freizusetzen. Da das Glukagon im Notfall-Kit genau diese Glukosefreisetzung triggern soll, kann die Wirkung bei Alkohol- oder Drogenkonsum ausbleiben oder deutlich abgeschwächt sein. In solchen Fällen muss möglichst frühzeitig der Rettungsdienst (112) alarmiert werden. Angehörige und das Umfeld sollten über diese Einschränkung informiert sein, um richtig zu reagieren.

Tipps für unbeschwertes Feiern mit Diabetes

  • Die Blutzucker senkende Eigenschaft von Alkohol stets im Blick haben.
  • Ein System zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) verwenden und den Alarm für niedrige Glukosewerte (Hypoglykämiegrenze) nach oben setzen.
  • Kurzwirksames Insulin bei Mahlzeiten ggf. anpassen.
  • Bei Insulinpumpen die temporäre Basalrate anpassen oder den Sportmodus nutzen. Sofern das AID* angeschaltet ist, den Zielwert ggf. korrigieren.
  • Basalinsulin reduzieren, um Unterzucker zu vermeiden.
  • Begleitpersonen einbeziehen, sodass sie im Notfall unterstützen können.

Sexualität und Diabetes

Die körperliche Aktivität beim Sex kann wie Sport den Blutzuckerspiegel senken. Besonders bei insulinpflichtigen Menschen steigt dadurch das Risiko für Unterzuckerungen. Weil Symptome wie Herzrasen oder Schwitzen sowohl auf Lustempfindungen als auch auf eine Unterzuckerung hindeuten können, braucht es ein Bewusstsein dafür und gute Vorbereitung. Dazu gehört, die Blutzuckerwerte vor und nach dem Sex zu überprüfen und kohlenhydrathaltige Snacks bereitzuhalten. „Wichtig ist aber auch eine offene Kommunikation mit dem Partner oder der Partnerin über das Thema Diabetes und mögliche Risiken“, erklärt Yvonne Häusler.

Fragen zum Umgang mit Insulinpumpen oder Glukose-Sensoren lassen sich vorab in der Beratung klären. Dabei ist es wichtig, auf die individuellen Vorlieben der Betroffenen zu schauen: Einige finden die Insulinpumpe schon beim Feiern und Flirten unangenehm, beim Sex wird sie oft als störend empfunden. Ob die Pumpe für einen Abend abgekoppelt werden kann, sollte mit dem Diabetes-Team individuell besprochen werden, empfiehlt Häusler.

Auch wenn das Thema Feiern mit Diabetes, Flirten und Sex vielfach Berührungsängste und Schamgefühle hervorruft, sollte unbedingt darüber gesprochen werden. Im geschützten Rahmen fällt das leichter, erklärt die Diabetesberaterin: „Sobald wir in der Schulung Unterzuckerungen durch Alkohol, lange Nächte und Sex ansprechen, kommen automatisch Fragen und die Aufmerksamkeit ist groß. Offene Gespräche helfen, Risiken zu erkennen und damit umgehen zu können.“

Tipp: Speziell für junge Menschen gibt es den Diabetes-Podcast "Typfrage". In Folge 14 geht es um "Diabetes und Sex".

 

*Ein AID-System (Automated Insulin Delivery) ist ein System, das die Insulinabgabe bei Menschen mit Typ-1-Diabetes automatisch an die jeweils gemessenen Blutzuckerwerte anpasst. Es besteht aus einem rtCGM-System (real-time Continuous Glucose Monitoring) zur kontinuierlichen Glukosemessung, einer Insulinpumpe und einem Algorithmus, der die Insulinabgabe steuert.