Assistierter Suizid: Zwischen Fürsorge und Selbstbestimmung

Assistierter Suizid ist ein heikles Thema. Zwar ist die Rechtslage klar. Aber sie stellt uns vor ernste Fragen: Was tun, wenn ein des Lebens müde gewordener Mensch um Hilfe bei der Selbsttötung bittet?
Das Thema eines Workshops auf dem Curacon-Zukunftskongress Sozialwirtschaft managen führte viele interessierte Teilnehmende zusammen: Assistierter Suizid in der Altenhilfe - zwischen Fürsorge und Selbstbestimmung, so lautete der Titel. Es sprachen Dr. Bodo de Vries, stellvertretender Vorstand des Evangelischen Johanniswerks, und Dr. Ute Lewitzka, Professorin für Suizidologie und Suizidprävention von der Goethe-Universität Frankfurt.
Eindeutige Rechtslage: Assistierter Suizid ist nicht strafbar
Suizid sei seit vielen Jahrhunderten eine Handlungsoption einer lebensverneinenden Haltung, so Dr. Bodo de Vries. Seit jeher werde Selbsttötung unter philosophischen, theologischen, psychologischen und medizin-psychiatrischen Gesichtspunkten diskutiert.
Die Rechtslage ist eindeutig: Jeder darf über sein Leben und seinen Tod frei entscheiden. Ein Suizid ist nicht strafbar. Und auch Helfende machen sich nicht strafbar, solange sie dem Sterbewilligen nur assistieren. Aktive Sterbehilfe und Tötung auf Verlangen sind dagegen verboten. Passive Sterbehilfe - wenn etwa eine Patientenverfügung lebensverlängernde Maßnahmen ausschließt - und assistierende Beihilfe zur Selbsttötung sind erlaubt. Voraussetzung ist, dass der Sterbewillige freiverantwortlich handelt (also nicht etwa dement ist) und ohne Druck von außen den beständigen Wunsch hat, sein Leben zu beenden.
Mit Sterbewünschen umgehen
Gründe für den Sterbewunsch vor allem älterer Menschen sind zum Beispiel der Verlust des Partners oder das Gefühl von Abhängigkeit und damit einhergehend eines Verlusts an Autonomie und Würde, weiß Professorin Ute Lewitzka, die auch Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention ist. Auf der Webseite der Gesellschaft finden sich unter anderem Hilfsangebote für Betroffene und für Hinterbliebene sowie Gesprächsangebote.
Vom Ethikrat des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising e.V. gibt es eine Handreichung "Assistierter Suizid" für Einrichtungen und Dienste zur Auseinandersetzung mit der Thematik. Mit einem Sterbewunsch konfrontiert zu sein, kann für Haupt- und Ehrenamtliche, die Menschen versorgen und betreuen, belastend und verunsichernd sein. Schutz und Fürsorge seitens der Pflegenden stehen im Spannungsfeld zum legitimen Anspruch auf Selbstbestimmung der Pflegebedürftigen. Die Handreichung der Caritas versucht, hier Orientierung und Hilfe zu geben. Sie enthält unter anderem folgende Hinweise, was geboten sei:
* offener respektvoller Umgang mit Sterbewünschen,
unterbreiten von Gesprächs- und Präventionsangeboten;
* proaktives Ansprechen, wenn Sterbewünsche vermutet werden;
* Fragen und Äußerungen bezüglich (assistiertem) Suizid
nicht abblocken oder bewerten;
* Angebote machen zur Reflexion des Todes-/Sterbewunsches,
Erfragen von Gründen und Auslösern;
* Aufzeigen von lebenszugewandten Handlungsalternativen
(z. B. Therapiezieländerung) und Vermittlung entsprechender
Unterstützungsangebote;
* offene, wertschätzende Kommunikation zu dem Thema
im gesamten Betreuungsnetz ermöglichen.