Viel Streit führt eher zur Trennung

In Deutschland scheitert jede dritte Ehe. Psychologen fanden nun heraus: Wenn Streit zwischen den Partnern sehr emotional abläuft, besteht ein erhöhtes Scheidungsrisiko.

Eltern haben Streit, Kind ist traurig

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Wenn eine Ehe im Streit zerbricht, stellt das nicht nur für beide Partner, sondern auch ihre Kinder und das soziale Umfeld eine große Belastung dar. Psychologen der Technischen Universität Braunschweig werteten die Daten einer Langzeitstudie aus und suchten dabei nach Risikofaktoren, die auf eine Trennung hindeuten können.

Professor Kurt Hahlweg und seine Mitautoren nutzten für die Untersuchung eine Reihe von Parametern, die während der Studie erhoben wurden. Dazu gehörten unter anderem physiologische Werte wie Blutdruck, Puls, Kortisonspiegel und Sprachgrundfrequenz. Außerdem mussten die Paare Fragebögen zu ihrem Konflikt- und Kommunikationsverhalten ausfüllen. Auch Videoaufzeichnungen von Streitsituationen wurden angefertigt.

Heftiger Streit bedeutet Stress

Elf Jahre nach Beginn der Untersuchung hatte sich von den 68 Paaren jedes Dritte scheiden lassen. Als jeweils einzig aussagefähiger Vorhersagefaktor für Trennung oder Scheidung zeigten sich bei Frauen die Sprachgrundfrequenz und bei Männern eine erhöhte Ausschüttung des Stresshormons Kortison in Konfliktsituationen. Parameter wie Sprachgrundfrequenz und Kortison-Ausschüttung sind wichtige Indikatoren für die emotionale Erregung. Erhöhte Werte deuten darauf hin, dass Konflikte sehr gefühlsbetont ausgetragen werden.

„Die Ergebnisse bestätigen, wie wichtig es für die Stabilität einer Beziehung ist, dass Konflikte nicht zu häufig zu emotional ausgetragen werden“, erklärt Prof. Hahlweg. Seine Studie ist die weltweit erste, die sowohl physiologische Parameter als auch das Kommunikationsverhalten über einen so langen Zeitraum hinsichtlich ihrer Vorhersagekraft bezüglich einer Trennung untersuchte.

Training zur besseren Konfliktlösung

In Deutschland scheitern 35 Prozent der Ehen. Das hat nicht nur seelische, sondern auch gesundheitliche Auswirkungen sowie soziale und ökonomische Folgen. Einer frühzeitigen Vorsorge kommt daher große Bedeutung zu. Ein Angebot ist beispielsweise das sogenannte EPL-Programm – das „Partnerschaftliche Lernprogramm“. Dabei trainieren Paare unter anderem den Umgang mit Konflikten und eine auf Problemlösung ausgerichtete Gesprächsführung.

Prof. Hahlweg hat den Erfolg des Programms untersucht. Ergebnis: Die Wahrscheinlichkeit zusammenzubleiben ist bei Paaren, die das Training absolviert haben, doppelt so hoch wie bei Paaren ohne ein solches Training. Verschiedene Studien mit Paaren, die zwischen elf und 25 Jahre lang verheiratet waren, bestätigen dies. Keine Unterschiede gab es allerdings bei Langzeitpaaren mit und ohne EPL-Erfahrung in Bezug auf die Zufriedenheit mit der Beziehung: Rund 80 Prozent der Menschen, deren Partnerschaft mehr als 20 Jahre Bestand hatte, äußerten sich zufrieden mit ihrer Beziehung – auch diejenigen, die nicht an einem EPL-Programm teilgenommen hatten. Prof. Hahlweg zieht daraus den Schluss: „Paare, die es mehr als 20 Jahre miteinander ausgehalten haben, sind zum Großteil auch glücklich miteinander.“